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Meinung: Das schwächste Glied

Von Malte Lehming

In Großbritannien, produziert von der BBC, läuft eine der härtesten TV-Rateshows, die auch erfolgreich in andere Länder exportiert wurde. Sie heißt „The Weakest Link“, zu Deutsch „Das schwächste Glied“. Die Moderatorin, Anne Robinson, ist schadenfroh und gemein. Wenn ein Kandidat rausfliegt, ruft sie ihm mit fiesem Unterton hinterher: „Ja, du bist das schwächste Glied, tschüss!“

Mit viel Gespür für deutsche Nervositäten ist Wladimir Putin vor einiger Zeit, auf der Münchner Sicherheitskonferenz, in die Rolle der Moderationsdomina geschlüpft. Er wetterte gegen die US-Raketenabwehr, die in Polen und Tschechien installiert werden soll, um den Westen vor möglichen iranischen Atomraketen zu schützen. Die Reaktion fiel erwartbar aus: Erst verbat man sich den frechen Ton, dann knickte man ein. Inzwischen tönt es von Gerhard Schröder über Kurt Beck bis Frank-Walter Steinmeier: Wir wollen kein neues Wettrüsten in Europa! Abrüstung, nicht Aufrüstung! Das verstehe, wer will. Denn mit der Sache haben die Einwände nichts zu tun. Das russische Zweitschlagspotenzial bleibt von dem Projekt, das nur einzelne Raketen abfangen soll, absolut unberührt. Überdies arbeitet Moskau selbst seit Jahrzehnten an eigenen Abwehrsystemen.Warum also sollte ein US-Abwehrsystem ein neues Wettrüsten verursachen? Weil Russland immer noch gerne seine Raketen ungehindert nach Berlin, Frankfurt, Hamburg, London, Paris oder New York schicken möchte – knapp zwei Jahrzehnte nach Ende des Kalten Krieges? Russland wird nicht provoziert, es will sich provoziert fühlen.

Das wiederum kommt der SPD gerade recht. Endlich kann sie sich mal wieder mit ihrem Leib- und Magenthema, dem Frieden, profilieren. Die Wirkungskraft ihres Neins zum Irakkrieg nimmt nach vier Jahren ab. Der immer unpopulärer werdende Afghanistankrieg wird der Partei zunehmend verübelt. Auf dem Feld der Sicherheitspolitik gab es also dringenden Protestbedarf, zumal gegen einen US-Plan. So banal ist das – und so peinlich. Außenminister Steinmeier wird heute in Washington erwartet. Dort hat man für vieles Verständnis, bloß nicht dafür, die Aufgaben globaler Sicherheit den taktischen Bedürfnissen deutscher Sozialdemokraten zu opfern. Teheran triumphiert, weil einst die Umfragewerte der SPD schwach waren. So weit kommt’s noch.

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