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Populismus? CSU-Chef Horst Seehofer will die Bürger über Europa abstimmen lassen.

© dapd

Debatte über Volksabstimmung zu Europa: Ein Zeichen der Drückebergerei

Immer mehr Politiker fordern ein Referendum über Europa, allen voran CSU-Chef Seehofer. Das ist ein Eingeständnis des Scheiterns der offiziellen Politik - nachdem diese sich zwei Jahre lang unentschlossen durch die Krise gewurstelt hat.

Die von Horst Seehofer mit Lust vorangetriebene Debatte über Volksabstimmungen zur Zukunft der Europäischen Union ist kein Ausdruck urbayerisch-demokratischer Gesinnung, sondern Zeichen der Drückebergerei und des Schwarze-Peter-Spielens. Anders als den Freidemokraten Rainer Brüderle und CDU-Mann Wolfgang Schäuble treibt den CSU-Chef nicht Sorge über mangelnde Legitimation politischen Handelns um, sondern der blanke Populismus. Nur in einem Punkt sind sich die drei einig und nehmen damit vermutlich einen Kernsatz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM am 12. September voraus: Wenn noch einmal wesentliche Kompetenzen nach Brüssel übertragen und damit die Budgetkompetenzen des Bundestages eingegrenzt werden, bedarf es dazu eines Jas der Bevölkerung.

Wenn Seehofer aber das Volk entscheiden lassen will, ob weitere Länder in die Europäische Union aufgenommen werden und in welchem Umfang Deutschland anderen EU-Staaten finanzielle Hilfe leistet, wird künftig in der Bundesrepublik in Sachen Europa nach den Regeln der Demagogie entschieden und die Hauptkräfte der Anti-Europa-Agitation werden in München residieren. Es ist verlogen, Europa nun als Projekt der Eliten darzustellen, das endlich der Verantwortung des Volkes übergeben werden sollte. Die europäische Einigung bis 1989 war in diesem Land von einer andauernden, breiten Zustimmung getragen. Die Osterweiterungen waren die Konsequenz der Befreiung Ostmitteleuropas vom Kommunismus. Sie waren der Preis, den der seit 1945 freie Teil des Kontinents um seiner Glaubwürdigkeit willen zahlen musste.

Wenn jetzt Volksbefragungen als Weg aus dem europäischen Dilemma gefordert werden, ist das, bei aller Berechtigung, ein Eingeständnis des Scheiterns der offiziellen Politik. Die hat sich mehr als zwei Jahre durch eine Finanzkrise durchgewurstelt, die an ihrem Beginn durch entschlossenes Handeln hätte gestoppt werden können. Das hätte damals viel Geld gekostet, aber allemal deutlich weniger, als jetzt nötig werden wird. Ein wie auch immer ausfallendes Votum des Volkes ändert daran nichts.

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