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Meinung: Demokraten gesucht

Von Wolfgang Drechsler In Malawi herrscht eine Hungersnot, in Simbabwe Anarchie. Der Kongo besteht nur noch auf dem Papier.

Von Wolfgang Drechsler

In Malawi herrscht eine Hungersnot, in Simbabwe Anarchie. Der Kongo besteht nur noch auf dem Papier. Die Aids-Epidemie droht nach Angaben der gerade eröffneten Welt-Aids-Konferenz in Barcelona selbst die wenigen Fortschritte zu zerstören, die Afrika in den letzten Jahrzehnten erzielt hat. Kein Wunder, dass weltweit der Afropessimismus grassiert. Der Kontinent braucht dringend ein Erfolgserlebnis.

So blickt Afrika voller Hoffnung auf den ersten Gipfel der Afrikanischen Union (AU) in Durban. Die Union ersetzt die vollkommen diskreditierte Organisation für Afrikanische Einheit und will den Prozess der kontinentalen Einigung mit mehr Nachdruck vorantreiben. Als Vorbild dienen die Institutionen der Europäischen Union. Außerdem soll die AU die Menschenrechte auf dem Kontinent besser als zuvor schützen. Regierungen, die verfassungswidrig an die Macht kommen, sollen aus der neuen Union ausgeschlossen werden – so jedenfalls der gute Vorsatz.

Wie schon der „Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas“ liegt auch der Gründung der AU das Versprechen der Afrikaner zu Grunde, künftig selbst für mehr Demokratie, Stabilität und Transparenz auf ihrem Kontinent zu sorgen. Besonders wichtig ist dabei die angestrebte Selbstüberwachung, deren Mechanismen allerdings noch sehr vage sind. Unklar ist vor allem, wie die AU im Bedarfsfall gegen Diktatoren und Putschisten vorgehen will.

Die Regierungschefs müssen erst noch beweisen, dass sie den vielen hehren Worten auch Taten folgen lassen. Ihr Schulterschluss mit dem simbabwischen Diktator Robert Mugabe ist nur ein Indiz dafür, dass sie dazu offenbar nur sehr bedingt bereit sind. Und dass vieles beim alten bleiben wird.

Wenn der von Afrika beschworene neue Kurs nicht gleich in eine Sackgasse führen soll, werden seine Führer kaum darum herumkommen, von ihrer falsch verstandenen Rassensolidarität abzurücken und Mugabe zu isolieren. Doch genau davor schrecken sie noch immer zurück. Obwohl der 78-Jährige gegen jeden Buchstaben der neuen AU-Charta verstoßen hat und zu einer schweren Hypothek für den Kontinent geworden ist, wird er in Afrika weiter hofiert.

Diese Ambivalenz zeigt, dass zwischen den Grundprinzipien der Union und ihrer tatsächlichen Umsetzung noch immer Welten klaffen. Was Afrika vor allem braucht, sind Demokraten. Doch genau daran mangelt es dem Kontinent. Die meisten seiner Staatschefs sind nicht für ihre Toleranz gegenüber Andersdenkenden bekannt und haben schon aus Gründen des eigenen Machterhalts wenig Interesse an einem Erstarken der Demokratie.

So gibt es bei aller Freude über die Gründung der AU einen Wermutstropfen. Auch in Afrika gibt es kein Programm „Demokratie jetzt“, das sofort funktioniert. Demokratie ist eine Geisteshaltung die wachsen muss und sich nicht per nsänderung verordnen lässt. Bei einem Blick auf den Kontinent meinen Skeptiker deshalb auch, mit der neuen Afrikanischen Union verhalte es sich wie mit einer zweiten Ehe: Die Erfahrung spricht dagegen, dafür spricht allein die Hoffnung.

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