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Meinung: Der Feind in meinem Bett

„Unsichtbare Gefahr“ vom 22. Oktober Das Problem der nosokomialen Infektionen (Krankenhauskeime) ist hausgemacht.

„Unsichtbare Gefahr“ vom 22. Oktober

Das Problem der nosokomialen Infektionen (Krankenhauskeime) ist hausgemacht. Es liegt in der Natur der Sache, dass in einem Bereich, in dem viele Menschen mit teilweise schwerwiegenden Krankheitsbildern zusammenkommen, unvermeidbar ist, dass es dort auch zu Infektionen kommt. Gerade die Ausbreitung von multiresistenten Keimen wird hierbei begünstigt.

Doch die Ursachen liegen außerhalb der Kliniken. Sie beginnen mit dem Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung, deren Missbrauch und einem falschen Hygieneverständnis. Wer heute ein Kilo Rindfleisch für 2,99 Euro haben will, muss sich nicht wundern, dass dieses nicht aus artgerechter Haltung kommt. Auch werden in der Humanmedizin immer häufiger Antibiotika ohne Notwendigkeit verordnet oder sogar ohne ärztlichen Rat eingenommen. Auch in der Werbung wird immer aggressiver für Desinfektionsmittel geworben, sogar schon für Zusätze in der Waschmaschine. Dieses alles führt nicht nur zur Unterminierung unserer Gesundheit, sondern, ganz profan, zur Behinderung der biologischen Klärstufen der Abwasseraufbereitung. Die gesündesten Kinder sind solche, die auf dem Misthaufen spielen.

In den skandinavischen Ländern werden Patienten schon bei der Aufnahme systematisch auf MRSA getestet. Auch wird dort sorgsamer mit Antibiotika umgegangen. Mit dem Ergebnis, dass es dort viel weniger Probleme mit Krankenhauskeimen gibt. In der Öffentlichkeit wird nun pauschal die Hygiene der Charité angeprangert. Einen sterilen OP gibt es nicht, das Gleiche gilt auch für die Stationen. Auch bei maximalem technischem Aufwand kann eine Keimverschleppung nicht verhindert werden.

Doch leider kommt es auch hier zu Mängeln in der Desinfektion. Exemplarisch sind hier die Reinigungsleistungen zu nennen, wenn diese von angelerntem Personal erbracht werden, das weder beaufsichtigt wird noch in der Lage ist, die Dosierungs- oder Bedienungsanleitungen zu lesen. Wer dieses jetzt zum Anlass für pauschale Schuldzuweisungen nimmt, sollte sich vergegenwärtigen, dass das Zeigen mit dem Finger auf einen Menschen immer dazu führt, dass im gleichen Moment drei Finger auf ihn selbst zurückweisen.

Keines der Kinder wird wieder lebendig, und es macht es für die Angehörigen auch nicht leichter, wenn hier politisiert wird. Wo Menschen arbeiten, geschehen Fehler, Unfehlbarkeit mögen andere für sich in Anspruch nehmen; hier und heute gilt unser Mitgefühl den Betroffenen.

Lutz Kortmann, Berlin-Wittenau

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