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Meinung: Der liebste Feind

BLAIR PREIST DIE EU-ERWEITERUNG – AUF FRANZÖSISCH

Zwischen Paris und London gibt es keine Spannungen, versicherte man in der Downing Street. Aber es war wohl auch kein Zufall, dass Tony Blair gestern auf der Titelseite von „Le Monde“ die Vorzüge der EUErweiterung anpries – und die eines Referendums über die neue EU-Verfassung. So war garantiert, dass es auch der französische Präsident lesen würde. Blairs Freude an der Wirtschaftsenergie der neuen Mitglieder, deren transatlantische Treue, die politische Neugewichtung, die sie der EU bringen, gar Blairs Vision einer Türkei, die als EU-Mitglied Brücken zum Islam baut – das alles mag Chirac lästig sein. Doch mit dem EU-Referendum hat Blair den französischen Präsidenten in echte Entscheidungsnot gebracht. Chirac hatte den Franzosen ein Referendum so gut wie versprochen, traut sich aber nicht mehr so recht. Eine Lösung wäre, so gehen kühne Spekulationen, dass die Verfassungsverhandlungen ganz scheitern. Chirac könnte zum Beispiel einen Streit über Blairs Änderungswünsche an der Verfassung vom Zaun brechen – und die Briten wären einmal mehr die Schuldigen am Stillstand in Europa. Chirac hätte eine weiße Weste, ein Referendum wäre gar nicht nötig und er könnte sein Lieblingsprojekt eines Kerneuropa weiter verfolgen. Sogar britische Europafreunde würden insgeheim aufatmen – sie fänden alles besser als ein Nein in einem Referendum. Honni soit qui mal y pense. mth

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