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Meinung: Der nette Präsident

Bill Clinton ist wieder da: Wie erfolgreich war er wirklich?

Als Bill Clinton am Sonntagabend im amerikanischen Fernsehen zu seiner Autobiographie interviewt wurde, sehnten seine Gegner schon die Werbepause herbei. „Hier kommt das, was nicht in seinem Buch steht“, und dann zählten konservative Lobbyisten, die die Werbezeit gekauft hatten, jene Terrorattacken auf, die während Clintons Präsidentschaft stattgefunden hatten.

Der amerikanische Kulturkampf wird noch immer am leidenschaftlichsten geführt, wenn das „Bête noir“, der Lieblingsfeind der Rechten beteiligt ist: der Vergewaltiger und Vaterlandsverräter William Jefferson Clinton. Er habe in seiner Amtszeit außenpolitisch ein „Holiday from History“ genommen, warf ein konservativer Kolumnist dem ehemaligen Präsidenten vor, Urlaub von Irak, Nordkorea und Terrorismus. Clintons ehemaliger Chefkoordinator für Sicherheitsfragen drehte den Vorwurf um: Es war die Bush-Regierung, sagt Richard Clarke, die Al Qaida unterschätzt habe.

Wie erfolgreich war Clintons Außenpolitik? Dass Osama bin Laden am Ende seiner Amtszeit noch lebte, sei eine große politische Enttäuschung gewesen, sagt Clinton heute. Ein Versagen? Den Terroristen zu fassen, das zeigen die erfolglosen Anstrengungen seines Nachfolgers, ist offensichtlich nicht so leicht. Und: Spätestens seit dem Angriff auf das Kriegsschiff „USS Cole“ im Jahr 2000 wurde von der Clinton-Regierung an einem aggressiven Plan gegen Al Qaida gearbeitet.

Gegenüber Nordkorea und Irak setzte die Clinton auf eine politische Lösung – auch nachdem beide Länder die Inspekteure der IAEO bzw. der UN nicht mehr ins Land ließen. Schon damals war das Atomprogramm der Nordkoreaner vermutlich zu weit fortgeschritten, um das Problem militärisch zu lösen. Und beim Irak behielt Clinton im Rückblick mit seiner abwartenden Haltung Recht: die Bedrohung durch Saddam war geringer als seine Kritiker damals dachten.

Der Versuch, dem Nahen Osten Frieden zu bringen, sei an Jassir Arafat gescheitert, sagt Clinton heute. Das bedeutet auch, dass er zu lange geglaubt hatte, mit Arafat diesen Konflikt lösen zu können. Das Treffen von Barak und Arafat in Camp David im Juli 2000 stellt den Höhepunkt einer gescheiterten Politik dar. Clinton ließ bis zum bitteren Ende verhandeln, weil er, als Krönung seiner Amtszeit, noch den Frieden in Nahost wollte. Die anderen ließen sich einbinden, widerwillig, und auf die gescheiterten Verhandlungen folgte die Intifada. Da war Clinton schon nicht mehr im Amt.

Clinton war Präsident in einer Übergangszeit. Er hielt die Nato nach dem Ende des Kalten Krieges zusammen, er testete den Spielraum für eine humanitäre Interventionspolitik. Auf dem Balkan hatte er damit Erfolg, in Somalia scheiterte er. Er regierte, so viel ist sicher, in anderen Zeiten.

Clinton war europafreundlich und sympathisch; Antworten auf die strategischen Herausforderungen, vor denen Amerika steht, hat er nicht formuliert. Als Modell für die Gegenwart taugt sein politisches Erbe nicht, eine Rückkehr zu Clinton wird es auch unter John Kerry nicht geben können. Zum Irakkrieg ist von Clinton übrigens nur zu hören, dass der Zeitpunkt falsch gewählt war. Und darum, um Politik, geht es auch gar nicht, wenn Amerika um Clinton streitet: Sondern – noch immer – um den Charakter des ehemaligen US-Präsidenten und das gesellschaftliche Milieu, das er verkörpert.

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