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Der politische Mann: Ein Zwischenruf zu den Männern

Sie verstehen die Welt nicht mehr, die sie gestalten wollten. Ursula Weidenfeld über das große Missverständnis der Guttenbergs, Köhlers oder Webers.

Er taugt nichts mehr, der deutsche Mann. Kritisiert man ihn, dann schmeißt er hin – das war Altbundespräsident Horst Köhler. Wird ihm ein Amt nicht direkt ganz ergeben zu Füßen gelegt, knallt er die Tür des Elfenbeinturms beleidigt von innen zu. Das ist Bundesbankpräsident Axel Weber, der nun lieber wieder als Professor arbeiten will. Bewundert man ihn indes uneingeschränkt, weil er so anders ist als die anderen, kann man sich darauf verlassen, dass er sich selbst aus dem Rennen nimmt. Das ist der ehemalige Verteidigungsminister und ehemalige Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg.

Gemeinsam ist ihnen allen: Sie verstehen die Welt nicht mehr, die sie gestalten wollten. Der politische Mann verliert seine Heimat. Sein Aschermittwochsbierzelt macht denselben trostlosen Eindruck wie die Trachtentreffen der Vertriebenen. Wer kann, hat sich in eine Welt verabschiedet, in der das alte Männerbild (noch) lebendig ist: in die Wirtschaft. Die politische Welt verlangt zwar immer noch nach Helden – aber sie braucht und erträgt sie nicht mehr.

Statt für ihre Ziele zu kämpfen, schelten die Gescheiterten das Internet, die Medien, die Wutbürger – und bezeichnen damit doch nur ihr eigenes Fremdeln mit der neuen Realität. Das ist das wirkliche und große Missverständnis der Guttenbergs, Köhlers oder Webers. Sie haben gedacht, um ein guter Minister, ein guter Präsident oder ein guter Währungshüter zu sein, braucht man Zustimmung, Kampf, Drama. Am Ende hat man gewonnen, dann kann man durchsetzen, was man für richtig hält. Das ist aber nicht mehr nötig. Auch wenn die Situation dramatisch ist, steht am Ende nie der Befreiungsschlag, gibt es niemals die ganz große Reform. Und nur selten fährt der Laden richtig krachend an die Wand. In der Regel passiert irgendetwas dazwischen, eingetütet von Dazwischen-Leuten, denen Dazwischen-Sachverständige zur Hand gehen.

Das ist keine attraktive Politik. Es macht vermutlich keinen Spaß, sie zu machen. Und doch scheint das Dazwischen-Reich immer größer zu werden. Und es scheint nicht die Domäne der Männer zu sein. Sie kommen nicht gut damit zurecht, wenn es am Ende keinen Gewinner gibt.

Das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht, aber es ist auch keine unbedingt schlechte. Der nicht unbedingt gute Teil ist: Politik wird auch in den nächsten Jahren kaum begeisternd sein. Der nicht unbedingt schlechte: Das Land wird wahrscheinlich unter dem Strich von langweiligen Frauen besser regiert als von schneidigen Männern.

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