zum Hauptinhalt

Meinung: Der Therapeut Alles Eichel, oder was?

Kann so viel Harmonie ehrlich sein? Offene Worte über Interessenkonflikte, Streit gar suchte man beim Gipfel in Moskau und Petersburg vergebens.

Kann so viel Harmonie ehrlich sein? Offene Worte über Interessenkonflikte, Streit gar suchte man beim Gipfel in Moskau und Petersburg vergebens. Das war bei der ersten Begegnung von Wladimir Putin und George W. Bush im Juni 2001 in Slowenien noch anders, auch wenn der Ton der Auseinandersetzung über Raketenabwehr, Nato oder Tschetschenien schon damals konziliant war – und nicht mehr polternd wie unter Jelzin. Nun präsentierten sich die beiden der Welt wie Verbündete. Zum Teil beschreibt das den ehrlichen Wandel in Russlands Verhältnis zum Westen. Putin sucht die Kooperation, er weiß, dass sein Land keine Supermacht mehr ist, sondern bestenfalls eine Mittelmacht – und ökonomisch ein Entwicklungsland, das ohne westliche Hilfe den Anschluss nicht findet. Bush war klug genug, den Abstieg nicht hervorzuheben. Der Abrüstungsvertrag wurde gefeiert, als sei er ein Deal unter Gleichen. Und der Gast modifizierte eine Formel, die er in Berlin erprobt hatte. Aus „ein starkes Deutschland ist gut für die Welt“ wurde an der Neva: Ein starkes und selbstbewusstes Russland ist gut für Amerika. Vermisst Bush ebenbürtige Rivalen in der Weltpolitik? Er versucht sich als Therapeut, damit aus Unterlegenheitsgefühl nicht Rivalität wird. cvm

SEITE 5

Einen Vorteil hat der Herausforderer: Gerhard Schröder kann schwerlich sein Kabinett demontieren, um im Wahlkampf neue n zu präsentieren. Für Edmund Stoiber wurde Lothar Späths Präsentation als designierter Superminister für Wirtschaft ein schöner Coup. Der Ex-Ministerpräsident, TV-Talker und Unternehmer hat in den neuen Ländern einen guten Ruf. Ein Bundestagsmandat ist dem Wossi gewiss, Thüringens CDU hat ihn an die Spitze ihrer Liste gewählt. Mit all seiner Prominenz hat Späth nun die Steuersenkungsversprechen der Union weiter relativiert: Haushaltskonsolidierung angesichts der Steuerausfälle heißt die neue Devise. Damit ist der Schwenk komplett. Vor nicht allzu langer Zeit hatte die Union noch gefordert, die zweite Runde der Steuerreform vorzuziehen, dann den Bürgern im Fall eines Sieges mehr Geld versprochen und schließlich ihr Wahlprogramm unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Woher soll das Geld auch kommen? Gegenüber harten Tatsachen erweisen sich selbst Wunderwaffen als stumpf. Abschreibungsvorteile mag Stoiber keiner Wählergruppe streichen. Unausgesprochen gilt nun auch für die Haushaltspolitik der Union: alles Eichel, oder was? Nur: Dann kann man auch beim Original bleiben. hmt

SEITE 4

NAME

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false