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Meinung: Der Trend ist kein Genosse

Von Gerd Appenzeller

Die Art, in der die SPDSpitze den Wunsch nach vorgezogenen Neuwahlen, am Staatsoberhaupt vorbei, in der Öffentlichkeit platziert, war – vorsichtig ausgedrückt – kaltschnäuzig. Aber dass sich Franz Müntefering und Gerhard Schröder zu diesem Schritt entschlossen, findet in der Bevölkerung breite Zustimmung. Das schlägt sich freilich nicht in Wohlwollen für die rot-grüne Bundesregierung nieder, ganz im Gegenteil. Der Deutschlandtrend, die Meinungsumfrage von Infratest dimap, belegt eher so etwas wie ein befreites Aufatmen in der Wählerschaft. Angela Merkel und die Union könnten, wären jetzt Wahlen, auf eine absolute Mehrheit der Mandate setzen. CDU und CSU bräuchten die FDP nicht zur Bildung einer stabilen Regierung – was für die Akzeptanz des neuen Kabinetts vermutlich eher von Vorteil wäre. Merkel punktet nun schon in der zweiten Umfrage nicht nur im direkten Vergleich zu Gerhard Schröder, sondern auch bei der Einschätzung wichtiger Qualifikationen. Man hält sie eher als den Kanzler für fähig, die Wirtschaft voranzubringen. Tatkraft, Glaubwürdigkeit und die richtigen Konzepte zur Lösung der Zukunftsprobleme Deutschlands werden ihr zugetraut.

Die CDU-Vorsitzende geht also mit einem großen Bonus in den Wahlkampf. Aber wir reden über eine Momentaufnahme, bei der die erste Begeisterung der Wähler über ein baldiges Ende der politischen Lähmung und ein Vertrauensvorschuss für Merkel eine Rolle spielen. Außerdem sieht die Umfrage die PDS unter fünf Prozent. Kämen die Sozialisten ins Parlament, würde es nichts mit der absoluten Unionsmehrheit. Es kann sich also noch einiges verschieben bis zum voraussichtlichen Wahltermin am 18. September. Ein Trend, den es ähnlich ausgeprägt schon 1998 vor der Abwahl von Helmut Kohl gab, wird sich aber wahrscheinlich nicht drehen: In der Bevölkerung herrscht ausgeprägte Wechselstimmung. 72 Prozent der Wahlberechtigten gehen davon aus, dass es im Herbst eine neue Regierung geben wird. Merkels Truppe müsste schon viel falsch und Gerhard Schröders Mannschaft viel richtig machen, damit sich das noch einmal ändert.

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