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Deutsch-polnische Beziehungen: Jetzt muss aber mal Schluss sein

Deutsche und Polen haben Besseres als den Streit um die Vertreibungsstiftung verdient.

Der Bundesminister des Alleräußersten hatte es sich so schön vorgestellt. Er wollte die Chefin des Bundes der Vertriebenen in der Vertreibungsstiftung verhindern, als erstes außenpolitisches Meisterstück, und damit den Polen beweisen, wer ihr wirklicher Freund ist. Nicht die CDU-Kanzlerin, nein, er! Nicht die Konservativen, nein, nein, die Liberalen!

Und? Drei Sitze mehr für die Vertriebenen im Stiftungsrat der Bundesstiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung, die Bundesregierung ohne Vetorecht bei der Bestellung, die geschieht durch den Bundestag. Außerdem soll die Fläche der geplanten Ausstellungs- und Dokumentationsstätte der Stiftung von 2200 auf 3000 Quadratmeter ausgeweitet werden. Verhindert ist – Steinbach als Person. Ob das die Polen so richtig beeindruckt?

Es stimmt, Erika Steinbach war eine Art Hassobjekt geworden für die Regierung in Warschau. Dass sie nicht mehr in der Stiftung sitzt, werden die Polen begrüßen. Andererseits: Es sitzen ihre Leute drin, doppelt so viele wie vorher, und die werden wissen, wem sie das zu verdanken haben. Außerdem war – was nur keiner der führenden Köpfe bei unseren Nachbarn zugeben wird – die Personalie Steinbach in ihrer Bedeutung unverhältnismäßig aufgeblasen (und sie unverhältnismäßig kritisiert worden). Warum? Wahrscheinlich, um von der deutschen Regierung bei passender Gelegenheit umso mehr zu bekommen, nach dem Motto: Mach ihnen nur ordentlich ein schlechtes Gewissen …

So ähnlich hat der Außenminister das ja auch mal gesehen, als Oppositionspolitiker. Hat den Polen die Grenzen aufgezeigt. Und dann im Amt Ostpolitik wie Genscher zu machen versucht. Vielleicht auch von ihm persönlich inspiriert, durch eigene Erfahrungen? Zur Erinnerung: Der Streit zwischen Kohl und Genscher um die Anerkennung der Oder-Neiße- Grenze Deutschlands im Vereinigungsprozess lässt grüßen. Damals nahm der Rekordkanzler nach Auffassung des Rekordaußenministers viel zu sehr und viel zu lange Rücksicht auf die Vertriebenen. So wie heute die Kanzlerin (die, nebenbei bemerkt, Kohl politisch immer ähnlicher wird).

Sei’s drum, jetzt muss aber mal Schluss sein mit dem Thema. Der Kompromiss, oder wie man das halt so nennt, damit beide Seiten was davon haben, sollte reichen für versöhnlichere Töne. Wenn nämlich das deutsch-polnische Verhältnis an dieser Causa hängen sollte, dann steht es wirklich schlecht darum. Stattdessen sollte man sich nun mit Verve einem anderen Genscher-Projekt aus den 90ern zuwenden: dem „Weimarer Dreieck“. Das gefällt ja auch Polens Premier.

Erfunden 1991 für die deutsch-französisch-polnische Zusammenarbeit, lohnt es die Wiederbelebung. Denn die Völker haben, wie sich bis heute zeigt, unterschiedliche historische Erinnerungen, eine unterschiedliche Erinnerungskultur, haben natürlich auch unterschiedliche politische Interessen. Die müssen in Übereinstimmung gebracht werden. Damit macht man sich Freunde.

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