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Diätenerhöhungen: Moneten ohne Mut

Mit der Diskussion um die Diätenerhöhung machen sich Abgeordnete bei den Wählern keine Freunde. Überzogen ist die Altersversorgung der Parlamentarier - die Diäten sind es nicht.

Von Robert Birnbaum

Wenn die Abgeordneten des Deutschen Bundestages ein bisschen mehr Selbstachtung hätten und weniger Angst vor ihren Wählern, sie könnten sich manchen Ärger ersparen. Zum Beispiel die öffentliche Auspeitschung, die das Parlament über sich ergehen lässt, wenn einmal wieder eine Erhöhung der Diäten ansteht. Uns gönnen sie nichts, aber sich selber … Der Volkszorn schäumt, die selbst ernannten Scharfrichter des Boulevards senken den Daumen. Aus dem Parlament aber steigt ein leicht verschwitzter Dunst von trotzig schlechtem Gewissen auf. Haben die Volksvertreter das nötig?

Sie haben es nicht. Wer nur die blanken Zahlen der jetzt geplanten Diätenerhöhung sieht, könnte ja tatsächlich zu dem Schluss kommen, dass im Bundestag die ungehemmte Selbstbedienung eingesetzt hat: Ein Plus von etwa 15 Prozent zwischen 2008 und 2010! Tatsächlich kommen hier aber zwei Dinge zusammen. Das eine sind letzte Stufen der 2007 beschlossenen Anhebung der Abgeordnetenbezüge auf das Niveau von Bundesrichtern und Landräten. Das zweite ist die Angleichung der Bezüge an die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst.

Überzogen ist beides nicht. Überzogen ist nach wie vor die Altersversorgung für Parlamentarier, die nach zu kurzer Zeit zu hohe Pensionen ergibt; aber das ist ein anderes Kapitel. Ansonsten bezahlt die Republik ihr politisches Vollzeitpersonal eher mäßig. Die Scharfrichter des Boulevards dürften besser entlohnt sein. Auch der Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesminister Oskar Lafontaine, der jetzt zu Armen-Demos vor dem Reichstag aufruft, ist noch nie in Sackleinen gehüllt gesichtet worden.

Da ist viel Doppelzüngigkeit im Spiel. Erleichtert wird sie allerdings durch das chronisch schlechte Gewissen der Diätenerhöher selbst. Was sonst soll es sein, wenn die Koalitionsfraktionen die Tariferhöhung für Beamte sich selbst erst mit einem Jahr Verzögerung gewähren? Wer sich derart selbst duckt, fordert Prügel heraus. Für das Ansehen des Parlaments ist das schädlicher als alle Diätenerhöhungen zusammen. Nur wer zu eigenen Beschlüssen steht, darf von anderen Verständnis erwarten.

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