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Meinung: „Die Ehre kommt später“

Man sagt den Westfalen nach, sie seien stur. Edelgard Bulmahn ist Westfälin und stur ist sie allemal.

Man sagt den Westfalen nach, sie seien stur. Edelgard Bulmahn ist Westfälin und stur ist sie allemal. Von ihren Meinungen weicht sie niemals ab, sondern wiederholt sie lieber in so vielen Variationen, dass die Zuhörer ermatten. Oberlehrerinnenhaft finden sie ihre Kritiker deswegen, spröde, streng, besserwisserisch. Als selbst ernannte „Päpstin des Bildungswesens“ gar beschimpft sie einer ihrer heftigsten Widersacher, der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel. Das ficht die gelernte Studienrätin, die ihre Reden gerne mit „Meine Herren und Damen“ beginnt, nicht an. Denn sie ist sich ja ganz sicher, dass sie Recht hat.

Aber selbst für eine Überzeugungstäterin wie Bulmahn müssen die letzten Monate hart gewesen sein: Erst das Gerangel mit den Ländern um die Spitzenuniversitäten und die niemals verstummenden Gerüchte, sie solle vom Kabinettstisch verbannt werden. Dann das vernichtende Urteil aus Karlsruhe zu den Juniorprofessuren; und nun die absehbare Niederlage vor dem Verfassungsgericht im Streit um Studiengebühren, die Bulmahn für das Erststudium verbieten will. Man muss schon Westfälin sein, um das auszuhalten. Vorerst gibt sie sich nicht geschlagen: Solange das Urteil nicht gesprochen sei, sieht sie „überhaupt keinen Handlungsbedarf“.

Dass Studiengebühren Kinder aus der Unter- und Mittelschicht vom Studium abschrecken, ist eine der Kernüberzeugungen Bulmahns. Sie selbst war die Erste in der Familie, die Abitur machte und studierte – seitdem ist Bildung ihr Lebensthema.

Überhaupt: Wer sagt, dass Sturheit immer eine schlechte Eigenschaft sein muss? Die zierliche 53-Jährige, die zumeist in eleganten Hosenanzügen auftritt, hat in ihrer nunmehr sechsjährigen Amtszeit vieles angestoßen, was in Erinnerung bleiben wird – und das sicherlich auch dank ihrer Zähigkeit. Für ihr Ganztagsschulprogramm werden ihr berufstätige Eltern und auch Kinder, die zu Hause wenig gefördert werden, noch lange dankbar sein – sie hätten in vielen Gegenden Deutschlands bis zum Sankt Nimmerleins-Tag warten müssen, wenn die Initiative von den Ländern abgehangen hätte.

Auch die Juniorprofessur, deren Einführung jetzt durch die Querschüsse der Länder verzögert wird, ist eine zukunftsweisende Idee, ebenso wie der Wettbewerb der Spitzenunis. Gute Projekte, aber wenig Gespür für politische Gemengelagen und Empfindlichkeiten. Sie hat viele Feinde – aber Bulmahn bleibt sich treu: „Die Ehre kommt später.“ Da ist sie sich ganz sicher.

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