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Meinung: Die fetten Jahre sind vorbei

Borussia Dortmund ist gerettet – jetzt braucht der Club solide Manager

Fast jeder Fünfte ist arbeitslos. Der Flughafen kostet Millionen, im Konzerthaus wird der Intendant abgesägt und die rot-grüne Regierung wurschtelt selbstgefällig vor sich hin. Dortmund, eine ganz normale Stadt mit einem berühmten Fußballverein?

1987 wurde Minister Stein dichtgemacht, das letzte von einstmals 30 Kohlenbergwerken; vier Jahre später beendete Thyssen-Krupp das Stahlkochen in Dortmund; Anfang nächsten Jahres wird die Brinkhoff-Brauerei geschlossen; früher gab es 100 Brauereien in der Bierhauptstadt, heute nicht mal mehr eine Hand voll. Es tut sich viel in der Ruhrstadt, Strukturwandel ist hier Alltag. Das Gründerzentrum gehört zu den besten Deutschlands und in der Mikrosystemtechnik, in der Logistik und der Biotechnologie sind ein paar tausend Arbeitsplätze entstanden. Es geht immer irgendwie weiter. Doch nirgendwo so wie bei der Borussia.

Gerd Niebaum wuchs auf im Stadtteil Wampel. Er studierte Jura, wurde Anwalt und 1986 Präsident vom BV Borussia Dortmund 09. Gerade eben hatte der BVB den Klassenerhalt geschafft, weil die Entscheidungsspiele gegen Fortuna Köln gewonnen wurden. Niebaum blieb 18 Jahre Präsident. Der Provinzklub an der Ruhr wurde in dieser Zeit Pokalsieger, mehrmals Meister und schließlich Gewinner der Champions League, die Nummer eins in Europa. Niebaum ließ das Stadion zu einem tollen Erlebnisraum für 83000 Fußballfreunde ausbauen und rüstete den Klub mit den besten Kickern Europas aus. Und den teuersten.

Niebaum „hatte ein Dauer-Abo auf den Titel Deutscher Meister im Ausblenden der Realität“, schreiben die „Ruhr-Nachrichten“, über den Präsidenten, dem der Verein Aufstieg und Absturz zu verdanken hat. Manche Fans würden ihn gerne im Knast sehen, so größenwahnsinnig und realitätsblind wie Niebaum am immer größeren Rad drehte. Andere sprechen mitleidig vom Schlamm, im dem der Präsident mit einem Bein steht. Ein normaler Verein wäre abgesoffen. Bei Borussia geht das nicht.

Fünf Stunden hat der Niebaum-Nachfolger Reinhard Rauball gebraucht, um am Montag auch die letzten Gläubiger vom Sanierungskonzept zu überzeugen. Das war knapp und ist Rauball und vielen anderen ziemlich an die Nerven gegangen. Aber was erträgt der wahre Fan nicht alles für seinen Verein. Die Leidenschaft und die Leidensfähigkeit scheint bei den Borussen besonders groß zu sein.

Je bedrohlichere Ausmaße die Finanzkrise bekam, desto größer wurde in den vergangenen Wochen die Solidarität der Anhänger mit ihrer Mannschaft. Rund 80000 kommen alle zwei Wochen ins Westfalenstadion, um der Mannschaft Mut und Dampf zu machen. Doch worauf können die Anhänger hoffen, nachdem das Sanierungskonzept steht?

Auf solide Arbeit. Im Management und auf dem Platz. Wenn es Geld gibt, muss es für den Schuldenabbau genutzt werden. Deshalb werden sich die Besten der Bundesliga auch nur zu Auswärtsspielen in Dortmund blicken lassen; für Sparverträge lässt sich wohl niemand von der Borussia anheuern. Mit den Bayern werden sich die Borussen in den nächsten Jahren nicht messen können. Den dauerhaften Aufenthalt im unteren Tabellendrittel muss das trotzdem nicht bedeuten. Denn wie es scheint, haben nicht nur die Fans, sondern auch die Spieler der Borussia Charakter. Einige haben bereits neue Verträge mit geringeren Bezügen unterschrieben. Sie verstehen offenbar, dass mit der Krise des Vereins auch ihr Marktwert deutlich gesunken ist. In den fetten Jahren kassierten die Spieler 60 Millionen Euro im Jahr, in der nächsten Saison sind es 24 Millionen. Das reicht immer noch dicke, um eine heißen Kampf um Tore und Punkte erwarten zu dürfen.

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