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Meinung: Die Firma gehört jetzt allen

Erfolg macht Spaß: Auch darum ist der Investivlohn eine gute Idee

Es klingt gut, und es ist auch gut. Und es wird nicht schlechter dadurch, dass es ein alter Hut im Repertoire der CDU ist. Arbeitnehmer an ihrem Unternehmen zu beteiligen, ist richtig, vor allem aus der Sicht des Unternehmens. In den USA, in Großbritannien und in geringerem Umfang auch in Deutschland werden Mitarbeiter schon lange mit Anteilen – Aktien, Optionen – belohnt. Das funktioniert nicht nur in Vorstandsetagen prächtig, sondern es kann selbst einen griesgrämigen Pförtner zu einem Aushängeschild seiner Firma machen. Der Blick in den Börsenteil der Zeitung motiviert ihn jeden Tag neu. Das nützt der Firma, und es nützt ihm, wenn er später als Rentner Kasse macht.

Die CDU nennt das in ihrem Parteitagsbeschluss „soziale Kapitalpartnerschaft“. Doch genau da liegt auch das Problem. Meistens geht das gut, meistens sind alle „sozialen Kapitalpartner“ glücklich, aber manchmal eben nicht. Was ist mit dem Pförtner, wenn die Finanzmärkte zusammenbrechen? Wenn sein Unternehmen pleitegeht oder verkauft wird? Wenn er selbst den Job wechselt? Das lässt sich regeln, und entsprechende Überlegungen stellt die CDU in ihrem Beschluss ebenso an wie die SPD kurz zuvor auf ihrer Programmkonferenz. Aber so groß die Einigkeit der Volksparteien jetzt auf einmal sein mag: Von einem Gesetz ist man weit, sehr weit entfernt. Es geht um gerechte Regeln für höchst komplexe Eventualitäten. Das wird nicht einfach.

Und es geht auch um Grundsätzliches. Die CDU spricht davon, sie wolle die Tarifautonomie wahren und strebe ausschließlich freiwillige Regelungen an. Aber klar ist auch, dass Tarifpartner immer über Gesamtpakete verhandeln. Wenn du mir da ein Zehntelprozent mehr gibst, bin ich hier mit etwas weniger zufrieden. Sobald der Investivlohn ein praktikables, gesetzlich abgesichertes Instrument der Entlohnung wäre, würde er in Tarifverhandlungen Eingang finden. Mit dem Ergebnis, dass die Gewichte von einer starren zu einer leistungsbezogenen Entlohnung verschoben würden. Weniger Stundenlohn, mehr Prämie.

Dahinter steht ein Weltbild. Und so kann man den Beschluss durchaus als einen Angriff auf die Tarifautonomie sehen, auch wenn die Folgen noch lange nicht zu spüren sein werden. Aber es ist ein überfälliger Angriff, eine wünschenswerte Veränderung im System der alten Vollkaskobundesrepublik. Jeder Einzelne wird etwas mehr in Mithaftung genommen – bei der Rente, bei der Gesundheit und in diesem Fall bei der Arbeit. Das ist ja auch ein Element des Investivlohns: Das unternehmerische Risiko wird – zu einem kleinen Teil – auf den Arbeitnehmer verlagert. Darüber wird es sicher noch manche Debatte geben. Und noch etwas kann Unmut stiften: Wenn nicht alle den gleichen Bonus bekommen sollen, wenn Erfolg belohnt werden soll, müssen Systeme der Leistungsbeurteilung entwickelt werden. Es muss nachvollziehbar sein, warum dieser Kollege mehr Aktien bekommt als jener. Objektivierbare Daten gehören dazu, und das muss den Argwohn von Betriebsräten und Datenschützern erregen.

Trotzdem: Die Idee bleibt gut. Vor allem, weil es Spaß macht, Erfolg zu haben und belohnt zu werden. Weil Dienst nach Vorschrift langweilig ist.

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