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Meinung: Die Grenzen des Humors

Fünf Stimmen von deutschen Zeichnern

Marcus Weime r: „Für mich zählt allein, ob ein Witz gelungen ist. Religion darf kein Tabuthema sein. Die einzige Hemmung sind Morddrohungen. Allerdings: Wer auf Humor und Karikaturen mit Morddrohungen reagiert, tut mir leid.

Marcus Weimer, geboren 1963, zeichnet für SZ, FAZ und die „Zeit“.

Gerhard Haderer: „Ich halte den Auftrag der Jyllands-Posten-Redaktion, Mohammed zu zeichnen, für eine Schnapsidee. Das islamische Bilderverbot ist eindeutig. Allerdings ist es inkonsequent, dass sich der Westen jetzt nicht hinter die Karikaturisten stellt. Die Muslime, die im Nahen Osten auf die Straße gehen, schießen mit Kanonen auf Karikaturen; ihre Reaktion ist völlig humorlos. Auch für mich gelten Tabus: Ich habe mein Jesusbuch herausgebracht, weil es im Christentum kein Verbot gibt, Jesus darzustellen. Weil ich nicht aus dem Islam oder Judentum komme und ihre Affektlage nicht nachvollziehen kann, würde ich auch ihre Bilderverbote nicht unterlaufen.“

Gerhard Haderer, Jahrgang 1951, arbeitet für den „Stern“.

Klaus Stuttmann: „Ich halte die ,Jungfrauen‘-Karikatur für gelungen. Karikaturen gegen Gott lehne ich ab, obwohl ich Atheist bin. Dennoch verteidige ich die Karikaturisten, weil Satire absolut frei sein muss. Aber die Globalisierung erfordert erhöhte Sensibilität: Was wir hier problemlos annehmen, werden Zuschauer im Nahen Osten nicht ohne weiteres mit Humor vertragen können. Im Übrigen würde ich niemals einen Glauben an sich angreifen, sondern immer nur seine Perversion, z.B. Fundamentalismus; das aber ist bei Jyllands-Posten geschehen.“

Klaus Stuttmann, geboren 1949, zeichnet für die Taz und den Tagesspiegel.

Bernhard Pohlenz: „Ich halte nichts von Tabus, auch nicht von religiösen. Aber die Karikaturen gehen fehl, weil sie nicht – wie geplant – die Terroristen, sondern den Islam treffen. Eine Karikatur muss immer ein konkretes Problem treffen, niemals eine abstrakte Größe wie Religion oder Glauben.“

Bernhard Pohlenz wurde 1956 geboren und zeichnet für das „Handelsblatt“ und die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“.

Reiner Schwalme: „Wenn ich einen gläubigen Christen vor mir habe, der aber ein schweres Verbrechen begeht, etwa George W. Bush, würde ich dafür nicht den lieben Gott verantwortlich machen. Im Übrigen erlege ich mir subjektive Tabus auf, u. a. in Bezug auf Religion. Ich begreife die Empörung vieler Muslime. Wenn ein gläubiger Moslem solche Karikaturen macht, wäre es in Ordnung; ansonsten nicht. Ich selbst halte die Jyllands-Posten-Zeichnungen für verfehlt: Es geht doch eigentlich nicht um die Religion der Muslime, sondern um ihren Fundamentalismus. Der sollte karikiert werden."

Reiner Schwalme, Jahrgang 1937, arbeitet für die „Berliner Zeitung“ und den Tagesspiegel.

(aufgeschrieben von Konstantin J. Sakkas)

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