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Meinung: Die Kosten der Armut

Von Hartmut Wewetzer Ausgerechnet Amerikas ehemaliger Präsident Bill Clinton gehörte zu den Rednern, die am Ende der 14. Welt-Aids-Konferenz in Barcelona die westlichen Nationen zum Einzahlen in den globalen Aids-Hilfsfonds aufforderte.

Von Hartmut Wewetzer

Ausgerechnet Amerikas ehemaliger Präsident Bill Clinton gehörte zu den Rednern, die am Ende der 14. Welt-Aids-Konferenz in Barcelona die westlichen Nationen zum Einzahlen in den globalen Aids-Hilfsfonds aufforderte. Lediglich 2,8 Milliarden Dollar sind bislang zusammengekommen. Um aber beim Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose zumindest das Nötigste zu tun, wären nach Ansicht der Vereinten Nationen zehn Milliarden Dollar nötig – jedes Jahr. Clinton selbst hätte es in den Jahren seiner Regierung in der Hand gehabt, mehr gegen Aids zu geben. Damals, als die Konjunktur noch obenauf war. Angesichts der Wirtschaftskrise dürfte es heute nicht leichter sein, Geld bei den Reichen lockerzumachen.

Vielleicht sind es gerade die Fortschritte der Aids-Behandlung, die es nun schwerer machen, die nötigen Mittel für die armen Länder zusammenzukratzen. Denn seit es Medikamente gibt, die die Immunschwäche wirkungsvoll zurückdrängen können (ohne sie allerdings zu heilen), ist das Thema Aids fast ganz aus dem Blickwinkel der wohlhabenden Länder geraten. Die Zeit, da die Ärzte dem Sterben hilflos zusehen mussten, gehören hier zu Lande der Vergangenheit an. Aber die Immunschwäche besteht weiter.

Aids teilt die Welt, und die Kluft wird mit jedem Tag tiefer. Während in Ländern wie Deutschland Menschen mit HIV alle Möglichkeiten moderner Behandlung haben, hat in den Entwicklungsländern nur jeder 100. bis 1000. Betroffene Zugang zu den wirkungsvollen Medikamenten. Dort leben aber 95 Prozent der schätzungsweise 40 Millionen Menschen, die mit dem Immunschwächevirus infiziert wurden.

Arzneien für Arme waren das große Politikum der Konferenz in Barcelona. Und es scheint, dass allmählich Bewegung in das Thema kommt. Brasilien stellt seine Aids-Mittel inzwischen selbst her, in Indien ist eine Billigproduktion angelaufen – als Nachbau der im Westen entwickelten Medikamente. Zwar sind die Pharmafirmen inzwischen bereit, ihre Arzneien für einen Bruchteil des Preises in den Industrienationen an Entwicklungsländer abzugeben. Aber auch 300 statt 10 000 Dollar Jahreskosten sind für die meisten Afrikaner noch viel zu viel. Die Medizin muss also noch billiger werden.

Doch Aids-Medikamente allein lösen das Problem nicht. Die Behandlung erfordert aufwendige Bluttests, die Überwachung von Nebenwirkungen und regelmäßige Einnahme. Schon in gut ausgestatteten Gesundheitssystemen ist das keine einfache Aufgabe, umso schwieriger ist sie in Entwicklungsländern zu lösen.

Und dann sind da noch jene, die ohnehin fordern, man solle das knappe Geld lieber in die Vorbeugung stecken. Etwa in die Aufklärung, das Propagieren von Kondomen und das Behandeln anderer sexuell übertragbarer Krankheiten, die Aids den Weg ebnen. Das sei um ein Vielfaches effektiver als der Versuch, High-Tech-Medizin auf Low-Tech- Länder zu übertragen.

Am Anfang steht der politische Wille der betroffenen Länder, das Aids-Problem ernst zu nehmen und dagegen anzugehen. Südafrika hat das lange nicht getan. Für die armen Nationen bringt es am Ende gar nichts, die reichen Länder wegen unterlassener Hilfeleistung anzuklagen. Die Industrienationen werden die Probleme Südafrikas oder Thailands nicht lösen. Aber mehr tun – das sollten sie schon. Denn Aids ist überall.

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