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Meinung: Die Kraft der zwei Illusionen

Von Cordula Eubel

Für die Linkspartei/PDS ist der Weg in den Westen beschwerlich. Es reicht einfach nicht, mit zwei Promis wie Oskar Lafontaine und Gregor Gysi einen scharfen Oppositionswahlkampf zu führen. Einmalig kann man so den Einzug in den Bundestag schaffen, das hat das Ergebnis von 8,7 Prozent im Herbst eindrucksvoll bewiesen. Will die Linkspartei sich aber auf Dauer als gesamtdeutsche Kraft in der Parteienlandschaft etablieren, muss sie mindestens zwei Debatten austragen, die viele schon für erledigt hielten: zum einen die nach der Regierungsfähigkeit, zum anderen die nach dem Umgang mit den unangenehmen Kapiteln der DDR-Vergangenheit.

Die Parteispitze hat sich in Dresden klar dazu bekannt, dass sie in Zukunft mitregieren will – auch im Bund. Das ist strategisch richtig, wenn auch unbequem. Wähler lassen sich nicht auf Dauer binden, wenn eine Partei ihnen nur Fundamentalopposition verspricht. Sie wollen ihre Interessen umgesetzt sehen. Unbequem ist das für die Linkspartei, weil Regieren bedeutet, unpopuläre Entscheidungen zu vertreten. Mit ihrem Westpartner, der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG), wird die PDS darüber noch heftig streiten müssen. Aber wenn die fusionierte Linke eine normale Partei werden will, muss sie den Mut aufbringen, in Regierungsbündnissen politische Kompromisse einzugehen. Auch die Links-Fraktion im Bundestag darf es sich nicht in der Oppositionsrolle bequem machen. Sie muss Konzepte vorlegen, die für die Praxis taugen.

Umgekehrt muss die PDS lernen, dass sie auch 16 Jahre nach der Wiedervereinigung sensibler mit der eigenen Vergangenheit umgehen muss, wenn sie im Westen erfolgreich sein will. So unbequem es ist: Die Auseinandersetzung über Stasi-Biografien muss offensiv geführt werden. Nicht nur Vertreter der Wahlalternative WASG fühlten sich auf dem Parteitag in Dresden zu Recht vor den Kopf gestoßen, als ein früherer Stasi-IM beiläufig zum Schatzmeister gewählt werden sollte, aber den Delegierten nicht so recht sagen mochte, was er denn konkret für die Stasi gearbeitet hat. Er habe dieses Thema in den letzten Jahren mit sich selbst ausgemacht, sagte der Kandidat. Das reicht wohl kaum aus. Zwei schwierige Debatten, die geführt werden müssen. Der Linkspartei steht ihre Bewährungsprobe noch bevor.

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