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Meinung: Die Mühlen der Diplomatie

Auf den Irak folgt nicht Nahost – sondern die Wahl in Amerika

Er bemühte sich nach Kräften, den Eindruck zu erwecken, sich nach Kräften zu bemühen. Auf diese knappe Formel lässt sich die Nahost-Reise von US-Außenminister Colin Powell bringen. Ein paar Vorschläge hier, ein paar Mahnungen dort, in der Substanz allerdings bleibt alles, wie es war. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens führt von Bagdad kein Weg nach Jerusalem. Irak-Problem und Nahost-Konflikt haben weniger miteinander zu tun, als die tatendurstigen Umgestalter der Region gemeinhin glauben. Zweitens wird George W. Bush sein Engagement aus innenpolitischen Gründen in Grenzen halten. Auf etwas anderes zu hoffen, wäre unrealistisch.

Bald beginnt der amerikanische Präsidentschaftswahlkampf. Sein Anpacker-Prestige, nach dem 11. September durch zwei gewonnene Kriege erworben, will sich Bush nicht durch enervierende Mäkeleien zwischen Israelis und Palästinensern beschädigen lassen. Er muss nur so tun, als ob. Deshalb hat er Powell entsandt. Der soll in den kommenden Monaten wie ein Hamster im Rad die Diplomatiemühle am Rotieren halten. Mehr nicht.

Dabei sieht die Lage so verführerisch günstig aus: Bush hat Saddam Hussein, Israels gefährlichsten Gegner, beseitigt, Jassir Arafat wurde entmachtet, Ariel Scharon wiedergewählt, ein international abgesegneter Plan zur Beendigung des Konfliktes liegt fix und fertig auf dem Tisch. Was will man mehr? Doch für ernsthafte Verhandlungen sind die Kräfte zu ungleich verteilt. Die Palästinenser sind zu schwach für Kompromisse, die Israelis zu stark, und die Bush-Regierung ist nicht bereit, den nötigen Druck auf Scharon auszuüben. Der betont zwar ständig, irgendwann in ferner Zukunft „schmerzhafte Zugeständnisse“ machen zu wollen. Aber dem Treiben der Siedler sieht er aufmunternd zu. Scharon will einen Frieden zu Bedingungen erzwingen, die zu akzeptieren für jeden Palästinenser selbstmörderisch wären.

Allein Amerika könnte das ändern. Insbesondere in der arabischen Welt sind die Erwartungen nach dem Golfkrieg hoch. Doch Bush wird vor der nächsten Wahl nichts tun, was die Pro-Israel-Fraktion in den USA erzürnt. Auch immer mehr christliche Fundamentalisten lehnen einen palästinensischen Staat strikt ab. Es sind dies stramme Parteigänger der Republikaner, die Bush nicht verprellen darf. Was ihm bleibt, ist Show. Hauptsache, die Diplomatiemühle läuft und vermittelt der Welt das Gefühl, Amerika würde sich kräftig kümmern. Ob dabei etwas herauskommt und was, ist ihm unwichtig.

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