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SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will wirklich Kanzler werden - kann aber bei seiner Parteitagsrede nicht so richtig mitreißen.

© dpa

Die SPD: Solidarisch statt solitär

Die SPD und ihr Steuerkonzept, das gar nicht grundlegend neu ist. Die SPD und ihr Mietenkonzept, das auch nur der Lebenswirklichkeit entspricht. Die SPD und ihre Bankenpläne, die geradezu zwangsläufig sind – das könnten selbst Konservative wählen.

Es geht nur so, und sei es, dass der Spruch geliehen ist: Das Wir entscheidet. Es entscheidet in der Republik, es entscheidet in der sie tragenden Gesellschaft, es entscheidet in ihren Parteien – und damit nicht zuletzt über Peer Steinbrück, seinen Erfolg oder Misserfolg. Anders als zusammen wird es nicht gehen, einen drohenden Misserfolg für seine Partei, die SPD, abzuwenden.

Und sie weiß es, natürlich wissen es die Genossen alle, zuvörderst ihr Chef, Sigmar Gabriel. So gut ist sein politisches Gespür allemal, eines, das ihm nicht einmal seine Gegner bestreiten. Die Rede zum Auftakt des wichtigsten Parteitags seit dem Regierungswechsel von 1998 war getragen, ja getrieben davon. Das Wir, das nicht geliehen sei, das er für die SPD und auf sie bezogen formulierte, holte er mitten hinein ins Rund. Wie der Werbeslogan: Wer hat’s erfunden? Die SPD.

Was sie erfunden hat, nach 150 Jahren darf man das als bestätigt ansehen, ist eine deutsche Politik auf der Grundlage der sozialen Gerechtigkeit. Da macht ihr keiner was vor. Richtiger ist, wie Gabriel und Steinbrück auch sagten, da machen ihr alle immer was nach. Jüngst sogar die FDP, von der man das seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts gar nicht mehr vermutet hätte. Gerechtigkeit: Die unter den modernen Gesichtspunkten zu definieren, das wird so spannend, weil die Mehrheit der Menschen das Gefühl hat, es fehle hier einiges.

Die SPD und ihr Steuerkonzept, das in der Tat gar nicht grundstürzend ist, die SPD und ihr Mietenkonzept, das auch nur der Lebenswirklichkeit entspricht, die SPD und ihre Bankenpläne, die geradezu zwangsläufig sind – das könnten selbst Konservative wählen, Wertkonservative. Das macht die SPD interessant und anfällig in einem: weil das, was sie will, der Mehrheit, dem „Mainstream“ so sehr entspricht, dass es nicht mehr allein der Sozialdemokratie zugesprochen wird. Das ist die politische Paradoxie.

Darum wird auch plötzlich so wichtig, wer mit wem Politik machen will, in welcher Konstellation. Jeder kämpft für sich allein: Das glaubt doch keiner. Das kann auch keiner schaffen, in Deutschland sind Alleinregierungen im Bund kein Thema. Ein Wechsel kann aber nur durch Spannung zustande kommen, am besten mit inhaltlicher Spannung, und vor diesem Hintergrund war der Auftritt – der wirklich feurige – der Grünen Claudia Roth bei den Roten von herausragender Bedeutung. Als sie redete, entfaltete sich das Profil der SPD, ihre Bedeutung, klarer und klarer. Welch eine intellektuelle Ironie. Hilfreich in der Not. Wer sagt, dass Politik nicht auch Freundschaftsdienste kennt?

Von historischer Bedeutung, weil sie widerstehen konnte, wo die anderen sich ergaben, über immer wieder mit ihr verbundene historische Weichenstellungen: die Begabung der Sozialdemokratie zu einer Politik, die überdauert, ist evident. Aber auch ihre Begabung, das zu verhüllen, sich kleinzureden, in Ich-bezogenen Debatten. Und wenn es die Regierung kostet, da kennt die SPD nichts.

Bis auf das eine Mal: 1998. Darum ist 2013 so wichtig. Peer Steinbrück allein schafft es nicht, das steht fest. Die SPD muss deshalb neben dem Programm, das sie und die Gesellschaft einen soll, die Solidarität üben, die sie fordert; sie muss das Wir glaubwürdiger vertreten, auch im Vergleich zu den anderen. Wer sich zum Solitär erklärt oder erklärt wird, verliert. Dazu kann die Republik Klartext vertragen. Und das kann der Kandidat. Besser als andere.

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