Meinung: Die Stimme aus dem Off
OSAMA MELDET SICH ZU WORT
Die Ungewissheit war schlimm genug für den Präsidenten: ob Osama bin Laden unter den Trümmern von Tora Bora liegt – und Bush niemals sein Versprechen wahrmachen kann, den Drahtzieher des 11. September als gerichtet zu präsentieren. Nun hat Amerika Gewissheit, und die ist schlimmer: Osama lebt und kündigt neuen Terror an. Peinlich für die Weltmacht. Trotz der gewaltigen Militärmaschine und modernster Aufklärungstechnik ist er ganz altmodisch entkommen: per Pferd. Das macht ihn erst recht zur Ikone des Widerstands in der moslemischen Welt. Und fordert neue Fragen zu den IrakPlänen heraus: Will Bush damit vom Misserfolg in Afghanistan ablenken, muss er nicht diese Aufgabe zu Ende bringen, ehe er die nächste beginnt? Viele trösten sich mit neuen Spekulationen: Als Lebenszeichen kam nur ein Tonband, kein Video – ist Osama so schwer verletzt, todkrank oder äußerlich gealtert, dass sein Anblick zum Heldenbild nicht mehr taugt? Oder fürchtet er, mit Bildern Hinweise auf seinen Aufenthaltsort zu geben? Berechtigte Fragen – doch werden sie die Zweifel an Bushs Kurs nicht zum Schweigen bringen. Die Ungewissheit war für ihn praktischer. cvm
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