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Meinung: Die Wulff-Wahl als misslungener Neustart

Zur Bundespräsidentenwahl Was für ein erbärmliches Demokratieverständnis bei der Linkspartei! Als „rückwärtsgewandt“ kritisiert sie den Kandidaten Gauck.

Zur Bundespräsidentenwahl

Was für ein erbärmliches Demokratieverständnis bei der Linkspartei! Als „rückwärtsgewandt“ kritisiert sie den Kandidaten Gauck. Rückwärtsgewandt marschieren 121 Apparatschiks nach nordkoreanischem Strickmuster in die Enthaltung. Und da ist wohl wirklich nicht Eine oder Einer? Traurig, traurig – aber wahr.

Erich Kotnik, Dallgow-Döberitz

Ich kann nichts Schlimmes dabei finden, dass die Wahl des Bundespräsidenten nicht wie am Schnürchen klappt. Als Skandal empfinde ich es, wenn aus Anlass des Zusammentreffens der Bundesversammlung, die ja den obersten Repräsentanten des Volkes wählen soll, ganze Straßenzüge der Innenstadt für das Volk unzugänglich sind.

Gunnar Fahlke, Berlin-Lichterfelde

Das wahrlich Unerträgliche ist das unqualifizierte, schönzeichnende Geschwätz vieler Unionspolitiker nach der „misslungenen Neustartwahl“ des Bundespräsidenten. Mathematischer Fakt bleibt, „die Ableitung“ Merkelscher Politik ist „Null“ oder physikalisch ausgedrückt, das schwarze Loch, auf das Merkel zusteuert, wird die schwarz-gelbe Koalition verschlingen, nicht beleben! Diese Wahl hatte aber auch etwas Gutes: Die Linke hat ihre Politik ad absurdum geführt, sie ist in einer Demokratie entbehrlich und hat in keiner Koalition was verloren!

Klaus Katzur, Berlin-Zehlendorf

Der Parteisoldat von CDU und FDP, Christian Wulff, ist im dritten und letzten Wahlgang zum Bundespräsidenten von Angela Merkels Gnaden gewählt worden. Nach 35 Jahren Mitgliedschaft in der CDU wird er kaum zum Bundespräsidenten der Herzen avancieren. Zum Glück kann Wulff jetzt nicht auch noch Bundeskanzler werden. Die Linkspartei hat mit ihrer Stimmenthaltung in der Bundesversammlung gezeigt, dass sie an ihrer unangenehmen SED-und Stasi-Vergangenheit festhalten möchte und Joachim Gauck die Ja-Stimmen kategorisch verweigert hat. Diese Wahl war keine Sternstunde der Demokratie, sondern der letzte quälende „Durchmarsch“ von Schwarz-Gelb. Die politische Angela-Merkel-Dämmerung hat längst begonnen.

Albert Alten, Wernigerode

Gewappnet mit Shakespeare in Greifnähe habe ich mir das Drama „Joachim Gauck oder irgendeinen beliebigen Bürger zum Bundespräsidenten zu wählen“ in drei Akten mit den peinlichen Zwischenspielen der Befragung von einigen ebenso beliebig ausgewählten Wahlfrauen oder - männern angesehen. Auf die Schurkenrolle hatte sich die Linke schon im Vorfeld (siehe Tsp. vom 30.6.: „Kein Verständnis“) geradezu fanatisch versessen festgelegt. Ein Mann von Format und Intellekt, ein Unbeugsamer in jeder Situation, geprüft und bestanden, ein Charismatiker und würdiger Vertreter des in der Welt als „Volk der Dichter und Denker“ benannten Deutschland, wie man ihn sich endlich einmal wieder für Deutschland hätte wünschen können, ein Denker und profunder Kenner europäischer Kultur ist gescheitert an der Engstirnigkeit und Borniertheit einer Partei, die nun endlich ihr wahres Gesicht in ihrem Verständnis der schändlichsten Vergangenheit deutscher Geschichte gezeigt hat.

Für die Opfer und Nachfahren von ermordeten Gegnern der DDR-Diktatur, für uns alle, die den hinterlassenen Schutt zuhauf zerstörter Kulturdenkmäler in den letzten 20 Jahren zu beseitigen hatten, ist dieser Stasistaat zutiefst, auch rechtlich betrachtet, ein Unrechtsstaat gewesen und das unmittelbar nach dem nie fassbaren Mega-Verbrechen der Nazis. Ausgerechnet der ehemalige Parteichef muss Herrn Gauck unterstellen, er habe „zu jenen gehört, die auch Privilegien von der Stasi erhalten“ hätten. Als ob unter seinen Genossen nicht zahlreiche, viel zu viele von denen sitzen, die das ganze Desaster überhaupt erst möglich gemacht haben. Doch: „Brutus is an honourable man; so are they all, all honourable men!...“ (nachzulesen in: Jul Caesar, Marc Anton III, 2)

Manfred Schlösser, Berlin-Schöneberg

Den geeignetsten Kandidaten sollten die Mitglieder der Bundesversammlung zum Bundespräsidenten wählen, unabhängig davon, von welchen Parteien er nominiert sei, schließlich gehe es um die Person und nicht um Parteipolitik. So forderten es Vertreter gerade derjenigen Parteien, deren Versammlungsmitglieder offensichtlich geschlossen den eigenen Kandidaten wählten, obwohl man durchaus verschiedener Meinung darüber sein konnte, welcher der beiden guten Kandidaten der geeignetere für das Amt war. Die Unehrlichkeit wurde vollends klar, wenn dieselben Parteienvertreter danach die Tatsache, dass viele Mitglieder der Koalitionsparteien den Kandidaten der Oppositionsparteien wählten, als Verfall der Koalition oder Protest gegen Merkel werteten. Mit genau diesem Ziel war Gauck nominiert worden.

Von den Mitgliedern der Bundesversammlung, die nach Parteienproporz zusammengesetzt ist, zu verlangen, parteiunabhängig einen der wiederum von den Parteien zur Wahl gestellten Kandidaten zu wählen, ist unangemessen, nicht systemkompatibel, ja widersinnig. Den Altbundespräsidenten Weizsäcker und Herzog schien es aber opportun zu sein, auf der Gauck-Begeisterungswelle mitzuschwimmen und für eine „freie Wahl“ zu plädieren; Weizsäcker war schon immer ein geschickter Stimmungswellenreiter.

Dierk Lübbers, Münster,

Diese ganze Bundesversammlung ist doch nur Theater. Glaubt wirklich jemand im Ernst, dass die Machtkonstellation, die durch Bundestag und Bundesrat vorgegeben ist, mit der Bundesversammlung durchbrochen werden kann? Der politische Laie sagt sich: da steht doch sowieso schon vorher alles fest – da kann man es auch gleich lassen. So, wie es letztlich auch gekommen ist. Und überhaupt: Warum müssen Bürger eines Landes mit einer 60-jährigen Demokratie immer noch für die Reichspräsidenten-Sünden der schwachen Weimarer Republik von vor fast 100 Jahren büßen? Lasst uns endlich unser Staatsoberhaupt selber wählen. Dann fällt auch dieses Spiegelfechten der Bundesversammlung weg. Sollen sich doch die Politiker für ihr Denkzettel-Komödienstadl eine andere Bühne suchen.

Olaf Stephan, Berlin-Altglienicke

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