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Die Zukunft der FDP: Auferstehung, oder: Ruhe sanft

Die FDP ist in der in Bewegung geratenen Parteienlandschaft zum Inbegriff dessen geworden, was an der Politik verachtet wird. So dass die Frage auf die Liberalen wartet, ob und wozu man sie denn noch brauche.

Und wieder läutet das Totenglöckchen für die FDP. Und wieder verweisen ihre Vertreter darauf, dass die Partei es immer wieder geschafft hat. Das trifft sogar zu: Die Liberalen haben in ihrer Geschichte immer wieder am Abgrund gestanden und schließlich doch überlebt. Das hat zur Folge, dass sie dazu neigen, das berühmte Läuten schon fast für die Gewähr ihres Überlebens zu halten.

Harter Schnitt: Das wäre, wie die Dinge liegen, eine fatale Selbsttäuschung. Denn noch nie war die Partei in so miserabler Verfassung wie gegenwärtig. Sie hat nicht nur den größten Wahlsieg ihrer Geschichte in kürzestmöglicher Zeit verspielt. Es ist die Galionsfigur und das Markenzeichen ihres Wiederaufstiegs in den vergangenen Jahren, Guido Westerwelle, der für sie zur Belastung geworden ist. Selbst die hastige Trennung von ihm wird nicht viel helfen: Die FDP ist in der in Bewegung geratenen Parteienlandschaft zum Inbegriff dessen geworden, was an der Politik verachtet wird, zumal von den Gebildeten unter ihren Kritikern. So dass die Frage auf die Liberalen wartet, ob und wozu man sie denn noch brauche.

Gibt es positive Antworten darauf? Hat sie Reserven, inhaltliche und personelle? Es kennzeichnet die Situation, dass bei der Suche nach Rechtfertigungsgründen für die FDP der Blick vor allem auf das fällt, was sie war – nämlich eine der drei Gründungparteien dieser Republik, die sie über die Jahrzehnte mitmodelliert hat, und das in einem Maße, dass es noch immer schwer fällt, sie ohne sie zu denken. Zur geflissentlichen Erinnerung: Die FDP – das waren, immerhin, Namen von Heuss bis Genscher, dazu der Sinn für das Individuelle in der Politik, die bürgerliche Vernunft, aber auch der Mut, um den Preis möglicher Selbstgefährdung umzufallen, damit die parteipolitischen Verhältnisse neu gemischt wurden.

Zugleich liegt auf der Hand, dass man davon heute politisch nicht leben kann. Was wären solche Traditionsbestände denn in einer Politik noch wert, die in der Währung von Erregungen, Erwartungen und Enttäuschungen rechnet? Das ist eine Frage, die die verneinende Antwort schon in sich trägt. Aber gleichwohl kann man sie aufwerfen, muss man sie aufwerfen. Denn sie stellt die Politik von heute auf den Prüfstand liberaler Werte und Erfahrungen. Sie kann ihr Maßstäbe und Überzeugungen zumindest zeigen. Sie könnte sie tauglich machen für Überlegungen, die nicht allein im Bann von Umfrageergebnissen und Strategien stehen.

Ohne das Ringen um solche Perspektiven versinkt die FDP in die Atemlosigkeit politischer Manöver, die zwar – wie das Exempel ihrer Krise belegt – hoch tragen, aber auch um so tiefer fallen lassen. Ob sie die Leidenschaft dazu aufbringt, ist die Frage, an der sich ihre Zukunft entscheiden wird. Als den Liberalen schon einmal das Wasser bis zum Halse stand – Anfang der siebziger Jahre, sie hatte bei der Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde fast gerissen – schrieb der Publizist Rolf Zundel: Der moderne Staat braucht eine liberale Partei mehr denn je. „Fehlt sie, werden die Bürger sie unter Schweiß und Tränen aus dem Gestein der politischen Landschaft wieder herausmeißeln müssen.“ So optimistisch kann man heute nicht mehr sein. Angesichts der tiefen Verwandlung des politischen Verhaltens stellt sich die Frage nach dem Gebrauchtwerden unnachsichtiger. Und kann man sich wirklich auf die Bürger verlassen? Es muss schon die FDP sein, die dem organisierten Liberalismus noch und wieder eine Chance verschafft.

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