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Meinung: Diener der Extremisten

Ariel Scharon profitiert vom Terror – und stärkt die Hardliner

Der israelische Wahlkampf ist mit dem Beginn der Fernseh- und Rundfunk-Wahlwerbung in die „heiße Phase“ getreten. Da kam – so zynisch es klingt – der mörderische Doppelanschlag palästinensischer Terroristen dem israelischen Regierungschef gerade recht. Seit Wochen kämpfte Ariel Scharon verzweifelt und vergeblich gegen die Schlagzeilen über Korruption und kriminelle Machenschaften im Likud. Jetzt, nach dem Blutbad mitten in Tel Aviv, findet man keine einzige Zeile mehr darüber in den großen Tageszeitungen, dafür aber unzählige Artikel über die gefährdete nationale und persönliche Sicherheit – genau die wollte Scharon ohnehin ins Zentrum seines Wahlkampfs stellen.

Die Terroristen haben – wohl in totaler Verkennung der Lage – Scharon regelrecht in die Hände gespielt. Und sie haben die Arbeitspartei geschwächt: In allerletzter Minute produzierte die Opposition nun neue, der veränderten Situation angepasste Werbefilme. In ihnen wird Scharon nicht mehr die Korruption vorgehalten, sondern die Nichteinhaltung seines Wahlversprechens: „Nur Scharon schafft Sicherheit." Höchst ungewiss ist aber, ob die Taktik der Arbeitspartei aufgeht. Denn Terrorakte und Bedrohung lösen bei den Wählern erfahrungsgemäß eine Solidarisierung mit der Regierung aus – und führen zu einem Ruck nach rechts.

Die Täter und ihre Hintermänner wussten, dass Scharon bei militärischen Vergeltungsschlägen die Hände gebunden sind. US-Präsident Bush hat Israel wegen des drohenden Irak-Kriegs jedes Störmanöver untersagt. Scharon „bestrafte“ die Palästinenser, indem er die Versammlungen der palästinensischen Führung verbot, in denen wichtige Weichenstellungen für den Reformweg beschlossen werden sollten.

Die israelische Regierung unterbindet also einerseits jede Beschlussfassung für Reformen, beharrt aber andererseits darauf, dass diese Reformen Vorbedingung für politische Verhandlungen sind. So verhindert Ariel Scharon die vom Westen geforderte Demokratisierung in den Palästinensergebieten. Und: Er macht jeden Versuch einer friedlichen Konfliktlösung unmöglich.

Genau das wollen die Islamisten und nationalistischen Hardliner auf israelischer Seite erreichen. So spielen Scharon und die Extremisten beider Seiten sich gewollt oder ungewollt in die Hände. Und Arafat? Wenn es stimmt, dass für die jüngsten Anschläge tatsächlich die Al-Aksa-Brigaden – Ableger von Arafats Fatah-Bewegung – verantwortlich sind, dann ist Arafat das, was Scharon stets von ihm behauptet: ein Führer ohne Macht und Einfluss in seinem eigenen Land.

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