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Doktortitel: Habe die Ehre

Der Korruptionsverdacht zeigt: Die Vergabe von Doktortiteln in Deutschland sollte stärker kontrolliert werden.

Nach Titeln drängt, am Titel hängt doch alles. Zwar wird in Deutschland niemand mehr geadelt, zum Ritter geschlagen oder erfreut sich dank hoher militärischer Auszeichnungen öffentlicher Wertschätzung. Das jedoch erhöht umso mehr den Stellenwert akademischer Würden. Der Doktortitel gehört in etlichen Berufen zum guten Ton und verhilft zu Karriere- und Gehaltssprüngen. Wer ihn hat, gehört zumindest zum Adel des Geistes.

Oder auch nicht, wie sich nun zeigt. Bundesweit wird gegen 100 Professoren ermittelt, denen Bestechlichkeit vorgeworfen wird. Ein dubioses Institut soll von Promotionswilligen bis zu 20 000 Euro genommen haben, um ihnen den Weg zum Doktortitel zu ebnen. Sie wurden an die Professoren vermittelt, die ihrerseits dafür bis zu 4000 Euro pro Klient bekommen haben sollen. Oft, so heißt es, erfüllten die Kandidaten nicht einmal die Voraussetzungen für eine Promotion.

Noch sind die Ermittlungen nicht abgeschlossen, noch ist es für ein endgültiges Urteil zu früh. Aber eine ganze Reihe großer und namhafter Hochschulen sind möglicherweise in die Affäre verwickelt, darunter die Freie Universität Berlin, Tübingen, Leipzig, Hamburg, Hannover, Köln und Frankfurt am Main. Trotzdem sieht die Hochschulrektorenkonferenz keinen Anlass zur Selbstkritik. In allen Phasen des Promotionsverfahrens sei die Qualität gewährleistet, sagt Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz. Und hebt hervor, dass die deutsche Promotion „international höchst anerkannt“ sei.

Umso wichtiger ist, dass dieser Wert erhalten bleibt, dass Schwindler und Hochstapler ferngehalten, dass die akademischen Trauben höhergehängt werden. Schärfere Regeln, wie sie der Deutsche Hochschulverband fordert – etwa eine eidesstattliche Versicherung, dass die Promotion ohne unerlaubte Hilfe verfasst wurde –, könnten da durchaus sinnvoll sein.

Im Zentrum einer Doktorarbeit steht eine eigenständige wissenschaftliche Leistung. Das bedeutet mitunter harte, jahrelange Arbeit. Wer sich den beschwerlichen Weg zum Ruhm mit Geld abkürzt, entwertet diesen Titel. Der Doktortitel und andere akademische Würden sind aber nicht nur durch Berateragenturen oder ausländische Titelverkäufer in Gefahr, die gegen Bares Abschlüsse erfundener Bildungsanstalten wie der „Standford University“ oder der „Oxford International University“ anbieten. Personalchefs, die auf solche Urkunden hereinfallen, haben ihre Bewerber verdient. Längst hat sich im Umfeld der Hochschulen ein grauer Markt etabliert, der Experten und Ghostwriter als Hilfe für den ersehnten Abschluss anbietet. Das muss nicht in jedem Fall illegal sein, aber die Verlockung ist groß, ein wenig zu viel „Outsourcing“ beim Promovieren zu betreiben.

Vielleicht aber geht’s auch anders. Deutsche Unis überbieten sich mittlerweile in der Vergabe von Ehrendoktoren. Und schmücken sich auf diese Weise mit prominenten Namen aus Wirtschaft, Politik und Kultur. Die Titelinflation – sie ist auch hausgemacht.

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