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Dominique de Villepin: „Das Licht des Tages tötet“

Seit er im Mai die Schlüssel seines Amtssitzes, des Hôtel Matignon, seinem Nachfolger Francois Fillon ausgehändigt hatte, war es still geworden um Dominique de Villepin. Ein Porträt des französichen Ex-Premiers.

Seit er im Mai die Schlüssel seines Amtssitzes, des Hôtel Matignon, seinem Nachfolger Francois Fillon ausgehändigt hatte, war es still geworden um Frankreichs Ex-Premier Dominique de Villepin. Seine politische Karriere, die er einmal bis hinauf in den Elysée-Palast fortzusetzen hoffte, war nach seiner verheerenden Amtsführung unter dem müde gewordenen Präsidenten Jacques Chirac für immer beendet. Die Hoffnung auf eine Gastprofessur in den USA hatte sich zerschlagen. Aus dem öffentlichen Leben zog er sich ganz zurück und verbrachte seine Zeit mit der Arbeit an einem neuen Buch, vorzugsweise in der Morgendämmerung, „wenn das Licht des Tages nicht tötet“, wie er zu sagen pflegt. Es ist Napoleon gewidmet, neben de Gaulle seiner Lieblingsfigur der französischen Geschichte. Im Herbst soll es, 600 Seiten stark, auf den Markt kommen.

Viel Muße zum Schreiben wird Villepin in diesen Tagen nicht finden. Zwei Untersuchungsrichter haben am Donnerstag erst seine Wohnung und dann am Freitag auch noch sein privates Büro mehrere Stunden lang gefilzt. Die Durchsuchungen sind die logische Folge der Entdeckung neuer Dokumente in der sogenannten Clearstream-Affäre, einer dubiosen Rufmordkampagne gegen den früheren Innenminister und heutigen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy, über die Villepin vor einem Jahr fast gestürzt wäre. Die Beweiskraft der neuen Dokumente, die Villepin als Urheber und im Hintergrund Ex-Präsident Chirac als Anstifter der Verleumdungen erscheinen lassen, muss jetzt von der Justiz geprüft werden.

Der 1953 in Marokko als Sohn eines Geschäftsmanns geborene Dominique Marie Francois Galouzeau de Villepin wuchs in Afrika, den USA und Lateinamerika auf, absolvierte die ENA und war auf wichtigen diplomatischen Posten tätig, ehe ihn Chirac 1995 zu einem seiner engsten Berater machte. Dort zog er sich den Ruf eines Intriganten zu. „Nero“ nannte ihn Madame Chirac nach dem Fehlschlag der vorzeitigen Parlamentswahlen 1997. Er führte die Abwehrschlachten für den von zahlreichen Affären verfolgten Präsidenten. Als Alain Juppé wegen einer Affäre als Kronprinz ausgefallen war, erkor Chirac Villepin zum Dauphin, um Sarkozys Griff nach der Macht abzuwehren. In die Machenschaften, zu denen es dabei kam, will die Justiz jetzt Licht bringen. Das kann für Villepin, frei nach dessen eigenem Wort, tödlich enden, nicht im Gefängnis, aber am öffentlichen Pranger. Hans-Hagen Bremer

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