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Meinung: Don Quichotte kämpft gegen Saddam Aznar hat sich in Sachen Irak weit von den Spaniern entfernt

Jose Maria Aznar hat starke Nerven. Erst vor wenigen Tagen hat Spaniens Regierungschef das wieder unter Beweis gestellt.

Jose Maria Aznar hat starke Nerven. Erst vor wenigen Tagen hat Spaniens Regierungschef das wieder unter Beweis gestellt. Auf dem Rückflug von einem Besuch bei seinem Freund George W. Bush geriet Aznars Flugzeug in heftige Turbulenzen – gerade in dem Moment, als er im Gespräch mit Journalisten den Namen Saddam Hussein in den Mund nahm. Ganz Mann von Welt, lachte Aznar und rief den Reportern zu: „Man sieht, das Böse existiert.“ Ja, der Ministerpräsident ist überzeugt davon, dass das Böse in Gestalt des irakischen Diktators bekämpft werden muss, wenn nötig mit Krieg. Selbst der Papst wird den Katholiken heute nicht von diesem Glauben abbringen können.

Diese kompromisslose Haltung hat Aznar zwar eine enge Freundschaft mit Amerikas Präsidenten eingebracht. Aber in seiner Heimat verliert der 50-Jährige Tag für Tag an Rückhalt. Die überwiegende Mehrheit der Spanier ist strikt gegen ein militärisches Eingreifen im Irak. Millionen sind bereits auf die Straße gegangen, um ihrer Empörung über den Kriegskurs ihres Premiers Ausdruck zu geben. Erstmals seit seinem Amtsantritt vor sieben Jahren liegen die oppositionellen Sozialisten in der Wählergunst vor Aznars Volkspartei. Selbst im Kabinett wächst der Unmut über den Chef. Manch einer fürchtet schon um den sicher geglaubten Sieg bei der Parlamentswahl im kommenden Jahr. Um Aznar ist es einsam geworden. Eine abgrundtiefe Kluft tut sich zwischen ihm und den anderen auf. Und er scheint nicht gewillt, eine Brücke darüber zu bauen.

Schuld am beginnenden Absturz des einstigen Politstars ist nicht allein seine umstrittene Irakpolitik. In ihr zeigt sich nur, was sich schon lange angedeutet hat: Aznar hat die Bodenhaftung verloren. Seine unbestrittenen Erfolge der letzten Jahre – eine florierende Wirtschaft, weniger Arbeitslose, die Einführung des Euro – haben ihn übermütig gemacht. Und ließen ihn den Kontakt zum Volk verlieren. Sonst hätte er bemerkt, dass die Wähler in dieser Frage ganz anders denken als der Gewählte. Und das aus Gründen, die denen in Deutschland ähneln. Vielen Spaniern ist das Leid, das der Bürgerkrieg zwischen 1936 und 1939 über das Land gebracht hat, noch sehr bewusst. Nie wieder Krieg, lautet ihre Schlussfolgerung. Eine Lehre aus der Geschichte, die Aznar offenkundig nicht nachvollziehen kann.

Wie weit die Entfremdung zwischen den Spaniern und Aznar fortgeschritten ist, zeigte sich schon beim Tankerunglück vor Galicien. Es vergingen viele Tage, ehe sich die Regierung in Madrid bequemte, auf die Umweltkatastrophe zu reagieren. Nicht der Ministerpräsident informierte sich an Ort und Stelle über das Ausmaß der Schäden, sondern König Juan Carlos. Einen fatalen Eindruck hinterließ Aznar auch, als seine Tochter heiratete. Die Hochzeit, die er ausrichten ließ, glich der einer Prinzessin. Das gab sogar der echten Monarchenfamilie zu denken.

Diese Abgehobenheit schadet Aznar, auch in Europa. Dennoch lässt er sich in Sachen Saddam nicht beirren. Um das Verhältnis zu Paris und Berlin braucht er sich keine Sorgen machen, das war schon vor der Irak-Krise denkbar schlecht. Von beiden kann Aznar in Sachen EU-Beihilfen nach der Osterweiterung ohnehin nicht mehr viel erwarten. Deshalb setzt Spaniens Regierungschef seit längerem auf die Allianz mit Tony Blair und Silvio Berlusconi. Und auf Amerika.

Die Treue zu Bush ist sicherlich nicht nur einer Freundschaft geschuldet. Aznar wird auf eine Belohnung hoffen. Vielleicht in Form eines prestigereichen Jobs, wenn ihn in Spanien niemand mehr haben will.

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