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Meinung: Durchmarsch ohne Buben Von Robert Birnbaum

Schadenfreude ist bekanntlich die reinste von allen Freuden, und auch wenn das jetzt staatspolitisch nicht ganz korrekt ist: Der Bürger in uns sieht es gelegentlich doch ganz gern, wenn sich einer unserer Politstars verzockt. Edmund Stoiber hat sich kräftig verzockt.

Schadenfreude ist bekanntlich die reinste von allen Freuden, und auch wenn das jetzt staatspolitisch nicht ganz korrekt ist: Der Bürger in uns sieht es gelegentlich doch ganz gern, wenn sich einer unserer Politstars verzockt. Edmund Stoiber hat sich kräftig verzockt. Am Freitag früh hat der OberBayer in Kameras hinein verkündet, dass die Unionsmehrheit im Bundesrat den Vermittlungskompromiss zum Rentensteuergesetz ablehnen wird. Keine Stunde später hatte der Bundesrat das Gesetz durchgewunken, mit den Stimmen Sachsens und Hamburgs, beide CDU-regiert. Am Mittag lässt Stoiber mitteilen, er sei missverstanden worden … und er habe nur die Linie Bayerns … und überhaupt. Da man nicht alles glauben muss, was Politiker sagen, erlauben wir uns, dieses nicht zu glauben.

Die kleine Posse ist der würdige Abschluss eines insgesamt kuriosen Verfahrens: Man muss, ohne jetzt allzu sehr auf die Details einzugehen, der Union bescheinigen, dass sie sich darin nicht mit Ruhm bekleckert hat. Die CDU/CSU-Fraktion hat (oh heiliger Prinzipius!) das Gesetz abgelehnt, obwohl sie genau wusste, dass es letztlich kommen musste – ein Auftrag des Verfassungsgerichts und ein andernfalls drohendes Finanzdesaster in den Ländern erzwangen das. Stoiber hat den Versuch von CDU-Chefin Angela Merkel torpediert, im Bundesrat halbwegs unauffällig eine Mehrheit zu sichern, und ein Vermittlungsverfahren erzwungen. In den Verhandlungen hat er vieles bekommen, was er an Erleichterungen für die Lebensversicherungswirtschaft wollte. Es reichte ihm nicht. Den meisten CDU-Länderfürsten auch nicht. Aber nur Stoiber hat daraus geschlossen, er habe sich durchgesetzt, und den vermeintlichen Triumph verkündet.

Jetzt steht er da. Keine schwere Blessur. Aber leichte, luftige, obendrein der eigenen Fehleinschätzung geschuldete Niederlagen schmerzen schlimmer als Wunden aus harten politischen Schlachten. Und es ist, nach der Bundespräsidentenkür, jetzt die zweite taktische Schlappe in kurzer Zeit. Das ist gar nicht schön für den Chef einer Partei, die von ihren Chefs seit jeher Erfolge erwartet. In Berlin ertönt ein leises Kichern. Aus München … nein, nein, da kommen Solidaritätsbekundungen – was denn sonst!

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