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Editorial: Ein kluger Bund

Mitten in der Finanzkrise bringen Bund und Länder ein 18-Milliarden-Euro-Paket für Lehre und Forschung auf den Weg. Für Angela Merkel ist das ein großer Erfolg – und für Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit?

Angela Merkel und Annette Schavan haben einen Coup gelandet. Mitten in der Finanzkrise bringen die Kanzlerin und die Bundeswissenschaftsministerin ein 18-Milliarden-Paket für Lehre und Forschung auf den Weg. Alle drei Programme – die Exzellenzinitiative, der Pakt für Studienplätze und der Pakt für Forschung an den außeruniversitären Instituten – sind sogar besser ausgestattet als ihre Vorgänger. Ein auf dem Bildungsgipfel im Oktober gegebenes Versprechen ist gehalten. Merkel kann sich im Wahlkampf durchaus als Bildungskanzlerin präsentieren.

Der Erfolg besteht am wenigsten darin, das viele Geld dem widerständigen Bundesfinanzminister abgerungen zu haben. Weit schwieriger dürfte es gewesen sein, alle 16 Länderfürsten zu überreden, nicht nur wegen der Haushaltslöcher. Die Länder haben sich oft genug dagegen verwahrt, vom Bund in goldenen Handschellen umhergeführt zu werden. So blockierte Hessens Ministerpräsident Roland Koch monatelang den ersten Elitewettbewerb für Unis, weil er der sozialdemokratischen Bildungsministerin Edelgard Bulmahn den Erfolg nicht gönnte. Die Tatsache, dass in den Ländern überwiegend die Union regiert, wird Merkel kräftig geholfen haben.

Die Initiative beweist erneut, dass es ohne den Bund in der Hochschulpolitik nicht geht. Ohne ihn ringen sich die Länder nicht zu gemeinsamen finanziellen Akzenten durch. Der Exzellenzwettbewerb für die Uni-Forschung wurde vom Bund angestoßen. Künftig wird er dafür zwei Milliarden Euro ausgeben. Zum Vergleich: Der Wettbewerb der Länder für die Lehre an Hochschulen wird von diesen gemeinsam mit fünf Millionen Euro bezuschusst – so unwichtig sind den Ländern die Studierenden. Das erklärt auch, warum der Bund jetzt 275 000 dringend benötigte Studienanfängerplätze mitfinanzieren muss – mit denen der Mangel aber nur gelindert werden kann.

Dem Bund verdanken es die Unis auch, wenn sie mit Milliarden aus dem Konjunkturprogramm II löchrige Dächer flicken können. Gleichwohl wächst der Investitionsstau im Hochschulbau (etwa 25 Milliarden Euro) immer weiter. Für eine bessere Betreuung im Bachelor müssten die Länder jährlich 1,1 Milliarden Euro ausgeben, tun es aber nicht. Den Hochschulen werden weiterhin Milliarden fehlen. Darum darf jetzt von den Ländern nicht der Eindruck vermittelt werden, die Unis seien mit dem Paket üppig bedient worden.

Eben das scheint aber die Strategie von Berlins Regierendem Bürgermeister zu sein. Mehrere hundert Millionen Euro würden die „nationale und internationale Attraktivität“ der Berliner Unis steigern, erklärte Klaus Wowereit. Tatsächlich aber wird Merkels Geld den Unis nicht dabei helfen, ihre Stromrechnungen, steigende Pensionslasten und Tarife zu bezahlen. Etwa 140 Millionen Euro jährlich fehlen dafür. Tausende Studienplätzen sind gefährdet. Wowereit aber schweigt seit Monaten und nimmt rufschädigende Debatten über den Wissenschaftsstandort in Kauf. Merkels Paket könnte in Berlin zu einem Care-Paket für Aschenbrödel verkommen.

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