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Meinung: Ein besonderes Gesetz

Meinungen zur Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes Es ist wirklich kurios, wenn unser Bundestag/Bundesrat für einen 45köpfigen Sonderfall ein besonderes Gesetz bastelt. Das offenbart in der Tat ein fragwürdiges Verhältnis zu unserem Rechtsstaat.

Meinungen zur Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes

Es ist wirklich kurios, wenn unser Bundestag/Bundesrat für einen 45köpfigen Sonderfall ein besonderes Gesetz bastelt. Das offenbart in der Tat ein fragwürdiges Verhältnis zu unserem Rechtsstaat. Nein, das war keine Sternstunde des Parlamentarismus. Dank dem Tagesspiegel, der das kritisiert.

War das Ganze eine misslungene Prüfungsarbeit für den neuen Mann an der Spitze der Stasi-Unterlagenbehörde? Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ist richtig, aber nicht unter Verletzung des Grundgesetzes. Gauck und Birthler hatten das nicht nötig. Wer für ein öffentliches Amt nicht geeignet ist, kann durch Artikel 34 GG versetzt werden. Der ordentliche Rechtsweg darf nicht ausgeschlossen werden.

Hans Güth,

Berlin-Alt-Hohenschönhausen

Erlauben Sie mir eine Frage: Waren Sie jemals in ihrem Leben Opfer eines totalitären Staates? Und eine weitere Frage: Haben sich Ihre Lebensentscheidungen Vorgaben eines totalitären Staates und seinen Strukturen beugen müssen?

Ich bitte Sie zu bedenken, dass gerade die Zeit der Aufarbeitung einer Diktatur nachträgliche Korrekturen – auch durch die Gesetzgebung – schon deshalb verlangt, weil die Folgen direkt nach Ende eines totalitären Regimes nicht zu erfassen und auch nicht abzusehen sind, und wie man an ihrem Beitrag erkennen kann, auch über 20 Jahre danach von vielen nicht wahrgenommen werden.

Auch wenn sich die SED-Diktatur in ihren Machenschaften deutlich von denen des Nationalsozialismus unterscheidet, möchte ich anhand eines Beispiels daran erinnern, dass es nötig ist, im Nachhinein Korrekturen vorzunehmen, um die Opfer nicht erneut zu Opfern durch den Staat zu machen: Viele Mediziner, die in der Zeit des Nationalsozialismus menschenverachtende sogenannte „Rassenforschungen“ betrieben haben, also Versuche an Menschen durchgeführt haben, wurden aufgrund fehlender oder auch wirklich nicht zu erbringender Nachweise direkt in die medizinischen Fakultäten des Nachkriegsdeutschland übernommen, und viele von ihnen haben jahrzehntelang weiter als Ärzte gearbeitet. Es hat Patienten gegeben, ehemalige Insassen von Konzentrationslagern, die nichtsahnend in Arztpraxen ihren früheren Peinigern wiederbegegnet sind. Es gilt, diese Traumata zweiter Ordnung zu verhindern und von Staatsseite Zeichen zu setzen.

Dazu trägt Roland Jahn in besonderem Maße bei! Ich danke Roland Jahn deshalb für sein unermüdliches Engagement im Namen meines Vaters und seiner Brüder, die das SED-Regime nur unter großen persönlichen Entbehrungen, wozu auch die politische Haft gehörte, überwunden haben. Viel zu lange hat es gedauert, bis jemand sich wagte, die Probleme beim Namen zu nennen und Konsequenzen zu fordern.

Anne-Katrin Lehmann,

Berlin-Friedenau

Was würde geschehen, wenn das Stasi-Unterlagengesetz nicht geändert würde und die 45 ehemaligen Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit weiterhin dort Dienst verrichten dürften? Vermutlich würde nichts geschehen. Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU und der FDP haben in dieser Zeit nicht das Gefühl gehabt, die 45 Beschäftigten seien ein Schlag ins Gesicht der Opfer.

Herr Gauck und Frau Birthler haben es nicht als ihre Dienstpflicht angesehen, eine Forderung nach einer Gesetzesänderung zu erheben. Lediglich Opferverbände waren allgemein der Auffassung – ohne dass auf konkrete Fälle verwiesen wurde –, die Beschäftigten seien den Opfern nicht zuzumuten. 45 Beschäftigte, die vor 1989 in unterschiedlichen Funktionen für die Staatssicherheit gearbeitet haben, haben 20 Jahre beanstandungsfrei ihren Dienst verrichtet.

Also: Es hätte nichts geschehen brauchen, nein: Es hätte nichts geschehen dürfen. Diese Chance wurde vertan. Und eine zweite Chance wurde vertan: Ein Zeichen der Versöhnung zu setzen gegenüber diesen 45 Beschäftigten. Etwas muss indes geschehen: Herr Jahn muss die Biographie von Nelson Mandela lesen.

Dr. Herbert Mandelartz, Berlin-Steglitz

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, sagte Roland Jahn bei seiner Amtseinführung. Jetzt hat er (vorläufig) seinen Willen bekommen. Dass ein Behördenchef erhebliche Mängel aufweist, kommt gelegentlich vor. Dass der Bundestag und Bundesrat so ein Gesetz mit Mehrheit beschließen, ist schon schwerwiegender. Das Ganze eignet sich auch für den Schulunterricht: Mängel im demokratischen Rechtsstaat.

Peter Lüpke, Berlin-Zehlendorf

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