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Meinung: „Ein Demokrat zu sein, ist …

… großartig.“ Zunächst das Stirnrunzeln.

… großartig.“

Zunächst das Stirnrunzeln. Politisch ist der Mann unbeleckt. Seit gut fünf Jahren sitzt er als Senator im Kongress. Er hat erst eine Wahl gewonnen. Das war’s. Überdies spotten die Konservativen, John Edwards sei nur eine Notlösung gewesen. Am liebsten hätte John Kerry, der Herausforderer in spe von Präsident George W. Bush, den populären Republikaner John McCain an seiner Seite gehabt. Doch der habe ihm einen Korb gegeben. Dann die Millionen: Als Rechtsanwalt, der sich auf Produkthaftungsklagen spezialisierte, hat Edwards viele Millionen Dollar kassiert. Solche Klagen sind ethisch nicht unumstritten. Und schließlich: Ein Herz und eine Seele waren Kerry und Edwards bislang nicht. Gelegentlich rumpelte es zwischen ihnen heftig.

Doch nun der Jubel. Kerrys Entscheidung, Edwards zu seinem „running mate“ zu machen, hat den US-Wahlkampf enorm belebt. Die demokratische Basis liebt den „Clinton ohne Skandal“, wie der 51-jährige Strahlemann aus North Carolina genannt wird. Er ist charmant, telegen, rhetorisch brillant und frei vom Verdacht, zu eng mit dem Washingtoner Klüngel verbandelt zu sein. Seine Anhänger bringt er in Ekstase, ihn nicht zu mögen, fällt selbst Opponenten schwer.

Gleich doppelt schwer wiegt Edwards Herkunft. Er stammt aus dem Volk, der Vater arbeitete in einer Mühle, die Mutter bei der Post, Sohn John ist der Erste in der Familie, der eine Universität besuchte. Edwards ist nicht, wie etwa Bush, durch Familienabstammung geadelt. Er hat sich alles hart erkämpft. In die Politik trieb es ihn, weil er durch den tödlichen Autounfall seines Sohnes in eine Sinnkrise geraten war, die in den Wunsch mündete, der Gemeinschaft dienen zu wollen. Ein edles Motiv. Zweitens stammt Edwards aus einem Südstaat. Von dort kamen auch die letzten drei demokratischen US-Präsidenten – Bill Clinton (Arkansas), Jimmy Carter (Georgia) und Lyndon B. Johnson (Texas). Edwards Herkunft könnte Kerrys Imageproblem, ein strammer Liberaler aus dem Ostküstenestablishment zu sein, etwas ausgleichen.

Edwards ist ein Naturtalent. Bei den Vorwahlen war er – unterstützt von Ex-Präsident Clinton – der einzige Kandidat, der nicht nur ständig auf die Regierung eindrosch, sondern auch eine positive Botschaft verbreitete. Nun muss er lernen, loyal zu sein. Das wird schwer. Edwards muss aufpassen, mit seinem Elan nicht den eher hölzernen Kerry in den Schatten zu stellen. Das Licht des Vize darf nicht zu hell leuchten.

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