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Der Ex-Soldat André Shepherd will in Deutschland bleiben.

© AFP

Ein Deserteur will Asyl: „Das Militär gab mir keine andere Chance“

André Shepherd war als Wartungstechniker für Apache-Hubschrauber bei den US-Streitkräften in Deutschland stationiert. 2008 beantragte er Asyl, erfolglos. Er sollte zum Einsatz nach Irak, hielt den Krieg aber für verbrecherisch und völkerrechtswidrig. Jetzt muss der Europäische Gerichtshof seinen Fall entscheiden

Vor Edward Snowden kam André Shepherd. Wie der NSA- Enthüller legte sich der Ex- Soldat mit einer Weltmacht an und wird von ihr strafrechtlich verfolgt. Wie bei ihm wird sein Fall politisch vereinnahmt. Und wie bei Snowden wird Shepherds Asyl zu einer Haltungsfrage der deutschen Regierung gegenüber dem großen Bruder USA umgedeutet.

Shepherd war als Wartungstechniker für Apache-Hubschrauber beim US-Militär in Deutschland stationiert. 2008 beantragte er Asyl. Er sollte zum Einsatz nach Irak, hielt den Krieg aber für verbrecherisch und völkerrechtswidrig. Die Behörden wiesen ihn ab, Shepherd klagte. Am Mittwoch verhandelt der Europäische Gerichtshof in Luxemburg, das Urteil wird erst 2015 fallen. Das Münchner Verwaltungsgericht hatte den Fall dorthin verwiesen, weil es um eine EU-Richtlinie geht, die den Deserteur nach Ansicht seiner Unterstützer vor dem Zugriff der Amerikaner retten soll. Als schutzbedürftiger Flüchtling gilt danach auch, wer den Militärdienst verweigert – jedoch nur, wenn dieser ihn in Verbrechen gegen Frieden und Menschlichkeit verwickelt.

Doch das EU-Recht ist hier undeutlich. Obwohl dank Wikileaks und der Bordvideo-Dokumentation „Collateral Murder“ zwischenzeitlich bekannt wurde, wie amerikanische Soldaten mit Apache- Hubschraubern Unbewaffnete töteten, sah das zuständige Bundesamt 2011 „keine Anhaltspunkte“ dafür, dass der 37-Jährige „im Irak in Kriegsverbrechen oder andere Straftaten verwickelt werden könnte“. Als Mechaniker sei er außen vor. Zudem habe sein Einsatz bereits unter einem UN-Stabilitätsmandat stattfinden sollen, sei also völkerrechtlich legitim gewesen.

Damit sind die Asylhürden hoch für Deserteure. Denn ihnen wird abverlangt, konkret vorzutragen und unter Umständen nachzuweisen, wie sie in verbrecherische Akte einer kriegführenden Nation hineingezogen werden. Eine für die Diplomatie schonende Lösung. Aber schlecht für Shepherd, der von Deutschland schwärmt und hier sein Leben verbringen will.

Die Richter wollen prüfen, ob ein Deserteur geschützt gehört, wenn er, wie Shepherd, den Kriegsdienst nicht förmlich verweigert hat. Hinzu kommt, dass ihn auch Entlassung, Strafe und soziale Ächtung zu einem Verfolgten machen könnten. Ein schwieriger Fall. Wenn der Deserteur dann am Ende als EU-konformer Flüchtling dasteht, wird man in Berlin aber sagen können: Schuld sind die in Luxemburg.

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