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Meinung: Ein Jahr – wie ein Tag

DEUTSCH-FRANZÖSISCHER GIPFEL

Ohne die Flut vor einem Jahr gäbe es Schröder als Kanzler heute nicht mehr, ohne Schröder hätte Präsident Chirac seinen Widerstand gegen den Irakkrieg vermutlich nicht durchhalten können. Das Treffen der beiden in Dresden, dem Zentrum der Flut, war also durchtränkt von historischer Genugtuung. Das mag die beiden verführt haben, dort weiterzumachen, wo sie vor einem Jahr angefangen hatten: beim Nein. Dem amerikanischen Versuch, sich nun doch mit der Hilfe der UN aus dem irakischen Schlamassel zu befreien, entgegnet der Kanzler wie damals: „nicht ausreichend genug“. Doch Schröder und Chirac sollten sich aus ihrer außenpolitischen Umarmung lösen, bevor sie endgültig zum Würgegriff wird. Der triumphale Blick zurück verklärt bei beiden offensichtlich die Gegenwart: Die deutschfranzösischen Treffen waren einmal als Triebkraft für die europäische Integration gedacht. Doch auch im kommenden Jahr drohen die beiden größten europäischen Volkswirtschaften gegen den EU-Stabilitätspakt zu verstoßen. Im vergangenen Jahr ist also nicht nur den Amerikanern viel Fortune abhanden gekommen. Statt zurück hätten diese beiden großen Multilateralisten von Dresden aus lieber nach vorne blicken sollen. mos

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