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Meinung: Ein letztes Gefecht

Die Union will doch noch die Wende – eine Anti-Ausländerkampagne soll’s richten

Von Gerd Appenzeller

Was haben Gerhard Schröder, Otto Schily, Franz Müntefering und Joschka Fischer gemeinsam, wenn man einmal davon absieht, dass ihre n für die derzeitige Regierung stehen? Undeutsche Umtriebe, ist die Antwort. Sie wollen diese Bundesrepublik in ein multikulturelles Einwanderungsland verwandeln. Warum sie das wollen, ist zwar nicht so recht einsichtig, denn keiner von den Vieren hat – man kann das sagen, ohne ihnen zu nahe zu treten – etwas wirklich Multikulturelles an sich. Aber dass sie es wollen, weiß zumindest einer – Bayerns Innenminister Günther Beckstein. Er stellte am Montag in Berlin ein, nun, wie nennen wir es? ein Anti-Zuwanderungsprogramm vor, mit dem die von Rot-Grün geplante Novellierung gestoppt werden soll.

Eigentlich waren weder Thema noch Präsentation geplant. Das „Sofortprogramm Zuwanderung“ hat die CSU in Windeseile erarbeitet, ohne Rückgriff auf die Sachkompetenz der gemeinsamen Bundestagsfraktion von CDU und CSU. Das kam, weil die Union seit einigen Tagen ein massives Abwanderungsproblem hat. Unter dem Eindruck einer sich in der Hochwasserkrise als zupackend erweisenden Bundesregierung, zudem beeinflusst durch des Kanzlers schroffe Position zum Irak (Hat da jemand was von Wahlkampf gemurmelt?) und sein überzeugendes Auftreten beim zweiten Fernsehduell, gehen Edmund Stoiber die potenziellen Wähler von der Stange, vor allem im Osten.

Dort aber, so haben die Speerschleifer der Opposition erkannt, ist auch die Angst vor Ausländern am Größten, obwohl es dort die wenigsten Nicht-Deutschen gibt. Die Anti-Zuwanderungskampagne zielt also auf Ressentiments. Frau Merkel, ansonsten eigentlich ganz besonnen, hat angekündigt, sie wolle die Zusammenhänge zwischen der Lage am Arbeitsmarkt und der Zuwanderung deutlich machen. Das ist gerade im Hinblick auf Merkels mecklenburgisch-vorpommersche Heimatregion irgendwo zwischen absurd und lächerlich. Zwar gibt es dort die schlimmste Arbeitslosigkeit in ganz Deutschland – aber keinen Ausländer, der irgendeinem Deutschen einen Arbeitsplatz wegnimmt, den dieser Deutsche haben wollte.

SPD und Grüne begriffen nach der für sie verlorenen hessischen Landtagswahl, dass das Einwanderungsthema für Verklärungen nichts taugt. Roland Koch hatte die von Rot-Grün geplante doppelte Staatsbürgerschaft als Regelfall damals verhindert. Man kann das methodisch als populistisch bezeichnen. Inhaltlich war es das nicht. Je ärmer die Menschen sind, desto mehr leiden sie unter einem Verdrängungswettbewerb um Arbeitsplätze und Wohngebiete. Dass sie ihre Kinder nicht in Schulen schicken wollen, in denen 80 Prozent der Schüler weder Deutsch können, noch deren Elternhäuser irgendein Interesse daran haben, dass sie es lernen, kann ihnen niemand verübeln. Genau auf diesem Gebiet wollten Sozialdemokraten und Grüne aber nun für Verbesserungen sorgen. Ein Punktesystem soll eine qualifizierte Einwanderung ermöglichen. Wer die Sprache seiner neuen Heimat beherrscht und über besondere Fertigkeiten verfügt, soll es leichter haben, zu kommen oder, wenn er schon hier ist, von den Sozialsystemen zu profitieren.

Wenn das der Union nicht passt, könnte sie es ganz einfach im Bundesrat verhindern. Die entsprechenden Verordnungen sind zustimmungspflichtig. Aber nein, die demonstrative Ablehnung soll Punkte beim Wahlvolk bringen – mit einem Thema, bei dem so multikulturelle Institutionen wie die Arbeitgeberverbände, die Gewerkschaften und die Kirchen ganz auf der rot-grünen Linie sind. Arme Union.

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