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Ein SPRUCH: Alle auf die Plätze

Aufgepasst, ihr Windhunde und Losglückssucher. Ein Gericht lädt zu einem international beachteten Prozess.

Aufgepasst, ihr Windhunde und Losglückssucher. Ein Gericht lädt zu einem international beachteten Prozess. Der Presseandrang ist groß, das Ausland sensibel. Perfekt laufen muss es da – und nicht wie bei Betonkopfrichter Götzl im NSU-Verfahren. Im Juni verhandelt das Bundesverfassungsgericht die Klagen gegen die Euro-Rettung. Das Gericht hatte die Maßnahmen mit dem Rettungsschirm ESM im Eilverfahren passieren lassen. Jetzt kommt die Hauptsache.

Und es geht so: Der Startschuss ist Dienstag um 12 Uhr. Dann öffnet das Karlsruher Gericht für minutengenau eine Woche seine Akkreditierungsschleuse. Unter einer eigens eingerichteten Faxnummer, mit gesondertem Formular und kopiertem Presseausweis sollen sich Interessierte melden. Die Nummer wird auf mehrere Leitungen geschaltet. Veranstaltet wird so das aus dem ersten Anlauf für den NSU-Prozess bekannte Windhundrennen: Flott kommt rein. „Maßgeblich ist der Eingangsvermerk im Journal des Faxservers“, informiert das Gericht.

Kombiniert wird das mit dem aus dem zweiten NSU-Anlauf bekannten System. „Bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los.“ Vollendet wird es, wie in München, durch Kontingente für ausländische Medien und freie Journalisten; Erstere noch einmal unterteilt nach solchen, die aus Euro-Staaten kommen, und solchen, die ihre Währung behalten haben.

Wasserdicht, unangreifbar. Werden wieder „Brigitte“ und „Radio Lotte Weimar“ das Rennen machen? Sie werden sich wohl nicht mal anmelden. Gespannt wird man auch sein dürfen, wie zahlreich Beobachter aus Ländern jenseits des Euro-Raums erscheinen – oder, in der Sprache des Gerichts, der „Euro-Zone“.

Zweifellos, den erstmals auch auf Englisch versandten Akkreditierungsregeln liegt ein Bedürfnis nach einer politisch-juristischen Korrektheit zugrunde, wie es die Karlsruher Richter für den NSU-Prozess im April mit großer Geste eingefordert hatten. Dort, hieß es damals im Eilverfahren, seien Plätze für ausländische Medien „mit besonderem Bezug zu den Opfern“ zu garantieren. Die Ansage von oben wurde allseits bejubelt; rechtlich hinterfragt wurde sie kaum. Den Vorstoß zu halten, dürfte jedoch nicht einfach werden. Warum sollten in künftigen Strafsachen nicht auch ausländische Medien mit besonderem Bezug zum Angeklagten zu berücksichtigen sein? Und warum sollte es besondere Bezüge zu Strafprozessen nur bei ausländischen Medien geben?

Nun könnte aus der Kategorisierung der Medienöffentlichkeit in (Straf-)verfahren eine – fragwürdige – Dogmatisierung werden. Vorausgesehen hat dies niemand. Als das Gericht im Juli 2012 die ESM-Eilanträge unter europaweiter Aufmerksamkeit verhandelte, gab es weder Kontingente noch Anmeldungsbohei. Auch wenn man es den Richtern dort oft zuschreibt – klüger waren sie nicht.

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