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Ein Zwischenruf zu ...: ... Denkanstößen

Im Gassenhauer reiste noch Bolle nach Pankow; im Juli 2012 sind es Presseteams aus aller Welt. Ziel sind die seit vier Wochen in der Stillen Straße gewaltfrei randalierenden dreißig älteren Pankower.

Im Gassenhauer reiste noch Bolle nach Pankow; im Juli 2012 sind es Presseteams aus aller Welt. Ziel sind die seit vier Wochen in der Stillen Straße gewaltfrei randalierenden dreißig älteren Pankower. Sie verteidigen ihre Freizeitstätte gegen die Schließungspläne des Bezirksamtes. Früher wohnte hier Erich Mielke, später zog die Stasi ein. Heute also residieren hier Tag und Nacht die „Rentner-Rebellen“, wie es in den Medien heißt. Wenn das keine demokratische Karriere eines Ost-Berliner Häuschens mit Garten ist!

Überhaupt die Medien und ihr Umgang mit den Nutzern: Da ist von Occupy-Omas, Rentner-Gang, Wut-Senioren die Rede. Immer ein wenig ins Lächerliche, Närrische formuliert, als wären die Besetzer Kinder, die nicht so genau wüssten, was sie tun. Solche gibt es auch, nämlich die Pankower Bezirksregierung. Öffentlich meint sie es gönnerhaft gut mit den Senioren. Das Haus sei nicht behindertengerecht, nicht seniorengeeignet und das zu ändern, kostete mehr als zwei Millionen. Das gäbe die knappe Bezirkskasse nicht her. Was das für die Nutzung der Villa bedeutet? Großes Schweigen. Das entscheide der Liegenschaftsfonds bei der Finanzverwaltung, dem die abgewetzte Immobilie verkauft werden soll. Genau hier agiert der Bezirk politisch kopflos. Jeder weiß doch, was „Liegenschaftsfonds“ bedeutet: Vermarktung zum Höchstpreis – für jede soziale Infrastruktur ein Todesurteil. Soll das zum Modell werden für die Sozialpolitik nicht nur in Pankow, sondern auch in anderen Bezirken? Klamm sind sie ja alle.

Wenn jetzt kein Gespür dafür da ist, dass für Senat und Bezirke die Zeit gekommen ist für unkonventionelles, stadtweites Denken, dann trifft das Aus weitere Einrichtungen, nicht nur den Pankower Seniorentreff. Für einen „Soziales-mittendrin-Anfang“ ist der doch gut geeignet. Man verzichte als Erstes auf den Verkauf des Grundstücks, entwickle stattdessen einen Erbpachtvertrag, suche einen Freien Träger oder eine Stiftung, die mit den Nutzern einen Mehrgenerationen-Ansatz entwickeln und saniere dann das Haus mit Unterstützung von Jugendbauprojekten. Man kann aber auch engstirnig weitermachen. Dann könnte die Pankower Besetzung Schule machen. Nein, das ist keine Drohung; es ist das Versprechen einer mitdenkenden Bürgergesellschaft.

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