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Ein Zwischenruf zum …: … Studentenstreik

Der Staat macht Schulden - warum also sollten nicht auch die Studenten ein wenig mehr bekommen?

Mehr Zustimmung haben Studenten selten bekommen. Kaum hatten sie in dieser Woche ihre Transparente ausgepackt, die Hörsäle mit Musik und Bierkisten ausgestattet und ein bisschen auf der Straße protestiert, da wurden sie schon von allen Seiten umarmt. Bundesbildungsministerin Annette Schavan fiel ihnen mit einer ordentlichen Bafög-Erhöhung um den Hals, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ermunterte sie beglückt, sich für mehr Bildung in Berlin einzusetzen, und der Vizepräsident der Uni Gießen rief direktemang den Lehrkörper auf, den streikenden Studenten „keine Nachteile hieraus erwachsen zu lassen, soweit irgend möglich“.

Die Studenten wehren sich dagegen, mehr arbeiten zu müssen. Das mag aus Sicht der Studenten richtig sein, aber stimmt das auch aus der Perspektive der Bildungspolitik und der Gesellschaft? Die Studenten beklagen, dass zu wenig Zeit zum selbstverantworteten Erkenntnisfortschritt bleibt. Für einige mag das stimmen. Aber fehlt den meisten nicht eher die Zeit zum Feiern und Ausruhen? In der Arbeitswelt hat in den vergangenen Jahrzehnten eine beispiellose Verdichtung von Arbeit stattgefunden, messbar wird das im Produktivitätsfortschritt. Bis zur Bologna-Studien-Reform, die das traditionelle deutsche Studium durch Bachelor- und Master- Studiengänge ablöste, gab es dafür im Studium keine Entsprechung. Ist es schlimm, dass nun auch die Studenten mehr und schneller lernen sollen?

Diese Fragen wären Fragen gewesen, die bei den zahlreichen Veranstaltungen dieser Woche auch hätten diskutiert werden müssen. Dass die Studenten sie nicht stellen, ist klar. Doch die Bildungsminister und die Universitätspräsidenten, die hätten sie stellen müssen.

Das Prinzip Merkel macht nun auch in der Bildungspolitik und in den Univerwaltungen Schule: Der Konflikt wird nicht gelöst, er wird moderiert. Da trifft es sich gut, dass der Staat ohnehin gerade ins Schuldendelirium gleitet. Wo schon so viel im Argen ist, macht ein bisschen Geld für die Studenten auch keine Kopfschmerzen mehr. Studenten sind im Gegensatz zu Handwerksgesellen, Rechtsanwaltsgehilfinnen und Friseurinnen redegewandt und überzeugend. Da lässt man doch lieber die Schweigenden für die Rebellen zahlen.

Gegen wen wurde eigentlich gestreikt? Und wozu überhaupt noch Streik? Beim nächsten Mal reicht schon die Drohung mit Rabatz, beim übernächsten Mal tut es sicher auch ein Mail.

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