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Meinung: Eine Chance und keine Garantie

DER KANZLER, DIE TÜRKEI UND EUROPA

Der Bundeskanzler muss bei seinem Türkeibesuch aufpassen, dass er im Überschwang der Gefühle nicht in die falsche Tonlage gerät. Das türkische Volk kann sich auf seinem Wege nach Europa auf die Unterstützung Deutschlands verlassen – das klingt nicht nur schön, es kommt auch hervorragend an in einer Kultur, die sich starker Gefühlsäußerungen nicht schämt. Aber gehört wird es auch in Deutschland. In erster Linie muss sich die Türkei auf sich selbst verlassen, nicht auf Deutschland. Nur wenn die Regierung in Ankara die Reformversprechen konsequent in Taten umsetzt, darf die Bundesrepublik der gute Wegbegleiter sein. Genauso ist es mit der Benennung eines Termins für Beitrittsgespräche. Den sollte die Türkei in der Tat bekommen, wenn sie sich weiter zum Rechtsstaat entwickelt. Schließlich hat die EU ja inzwischen eine ganze Reihe von Mitgliedern, die den Wandel von der Diktatur zur Demokratie erfolgreich geschafft haben – die ersten waren Portugal, Spanien und Griechenland. Aber ein Zeichen von Ausgrenzung der in Deutschland lebenden Türken wäre es nicht, wenn die Beitrittsverhandlungen aufgeschoben würden, weil die Fortschritte der Türkei dafür nicht ausreichen. Es geht um eine Chance für das Land im Südosten Europas, und nicht um eine Garantie. Deshalb sollten auch die deutschen Parteien – so oder so – auf die starken Worte verzichten. Für die Feststellung der Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Verlässlichkeit eines Landes gibt es sehr klare, objektive Kriterien. Die müssen entscheiden. Sonst nichts. apz

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