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Ursula Weidenfeld ist Wirtschaftsjournalistin. Sie war unter anderem Chefredakteurin von "impulse".

© Mike Wolff

Ein Zwischenruf: Wo ist die FDP, wenn man sie braucht?

Seit dem vergangenen Sonntag sind nur noch Sozialdemokraten im Bundestag. Wenn wir das vorher klar gewesen wäre, hätten wir die Trümmertruppe von Herrn Rösler vielleicht doch lieber noch ein Weilchen behalten.

Manchmal wundert man sich, wie schnell man lästige Begleiter vermisst, wenn sie erst einmal weg sind. So ist es auch mit den Liberalen. Gerade mal eine Woche ist es her, dass sie nicht mehr im Parlament sind. Eine Woche ist es her, dass man sicher war, sie nicht zu vermissen. Und schon sagt die CDU ganz unbefangen, man solle doch jetzt mal über Steuererhöhungen reden mit den künftigen Koalitionspartnern.

Es scheint geradezu eine Befreiung für die Christdemokraten zu sein, das eigene Staatsverständnis laut und unbefangen formulieren zu können. Acht Jahre lang durften sie das nicht tun. Zuerst mussten sie den Anschein erwecken, als seien sie die liberale Kraft in einem Kabinett, das eigentlich doch sozialdemokratisch bestimmt war. Vier Jahre später, als Regierungspartner der FDP, gaben sie die Bändiger des Neoliberalismus. Jetzt haben sie sich dieser Bürde entledigt, sie können das liberale Gedankengut im eigenen Gencode ohne schlechtes Gewissen tilgen. Der Bürger will es ja auch nicht mehr.

Die Karrieristen von der FDP, die schneidigen Staatsmänner, sie haben im Verborgenen eine Funktion offenbar doch ganz gut erfüllt: Sie haben die Union von größerem Unsinn abgehalten. Nicht durch ihre Überzeugungskraft, ihr Profil, ihre intellektuelle Schärfe. Sie haben überall blockiert – aber eben auch da, wo eine Bremse dringend benötigt wird. Sie haben Sand ins Getriebe gestreut. Immerhin.

Klar, dafür wählt man eine Partei nicht. Eine reine Funktionspartei wählen zu sollen, das leuchtet niemandem ein. Die liberale Partei hatte weder gute Ideen noch gute Politik im Angebot, noch hatte sie überzeugende Personen, die den Ideen- oder Politikmangel hätten übertönen können. Deshalb wurde sie zu Recht bestraft. Aber jetzt sind sie weg, und keiner steht mehr auf der Bremse. Hilflos erkennen wir, dass die CDU sich bei ihrem Weg in die Mitte überschlagen hat. Sie bringt das Wort Subsidiarität zwar noch über die Lippen, buchstabieren aber kann sie es schon lange nicht mehr.

Seit dem vergangenen Sonntag sind nur noch Sozialdemokraten im Parlament. Wenn wir das vorher so scharf hätten erkennen können, hätten wir die Trümmertruppe von Herrn Rösler vielleicht doch lieber noch ein Weilchen behalten.

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