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Ein Zwischenruf zur …: … Politikermoral

Wenn ein Arbeitsloser, trotz Hartz-IV-Bezug, zusätzlich verdient, kommt Empörung auf. Da heißt es dann schnell: Sozialschmarotzer, Betrüger.

Wenn ein Arbeitsloser, trotz Hartz-IV-Bezug, zusätzlich verdient, kommt Empörung auf. Da heißt es dann schnell: Sozialschmarotzer, Betrüger. Wer erwischt wird, duckt sich weg, rechtfertigt sich nicht, schon gar nicht mit dem Gesetzbuch in der Hand. Ganz anders, wenn ein amtierender Landesminister, in diesem Fall der thüringische Wirtschaftsminister Matthias Machnig, zusätzlich zum Ministergehalt ein „Arbeitslosengeld“ (Ruhestandsversorgung im Amtsdeutsch) für seine frühere Tätigkeit als Staatssekretär im Bundesumweltministerium (2005 bis 2009) kassiert: Das sei rechtmäßig, stehe ihm zu.

Mit derselben Begründung könnte sich jeder verteidigen, dem das Jobcenter die Höhe seiner staatlichen Unterstützung mitteilt, obwohl er nebenbei arbeitet: Hier habe ich doch die amtliche Bestätigung. Im Unterschied zu Minister Machnig weiß jener allerdings, dass er unrechtmäßig doppelt kassiert. Dem Herrn Minister schrieb die Bundesfinanzdirektion, zuständig für Ruhegelder dieser Art, dass ihm 3854,38 Euro monatlich zustünden. Sie schrieb auch etwas über die Anrechenbarkeit des Versorgungsgeldes auf weitere Zahlungen von der öffentlichen Hand, aber nichts Genaues. Also wurde das Geld überwiesen, der Minister strich es ein.

Was nicht wirklich interessierte (warum eigentlich nicht?), war das Ministergesetz Thüringens. Danach werden seit Herbst 2011 „Einkommen aus einer früheren Verwendung im Öffentlichen Dienst“ für ein Mitglied der Landesregierung voll angerechnet. Nur, wer teilt der Landesregierung mit, dass es Bundeseinkünfte gibt? Die Bundesfinanzdirektion tat es nicht und auch nicht der Minister. Stattdessen schrieben seine Anwälte, es gäbe keine gesetzliche Regelung. Keine Mitteilung, keine Anrechnung, doppeltes Einkommen.

Für unseren fiktiven „Scheinarbeitslosen“ dagegen gibt es streng geregelte Anzeigepflichten zu weiteren Einkünften, auch geringsten, er kennt also seine Sünden. Ein Minister aber, der nicht mal weiß, dass eine zusätzliche Ruhestandsversorgung unanständig und auch ungesetzlich ist, dem fehlt jedes Unrechtsbewusstsein. Brauchen das Minister nicht?

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