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Das Zwischenlager in Gorleben in Steinwurf-Entfernung vom Endlager-Bergwerk ist bisher der einzige Lagerplatz für Atommüll, der aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und La Hague zurückgenommen werden muss. Das soll sich nun ändern. Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben angeboten, die nächsten Castoren im Jahre 2015 zu übernehmen.

© dpa

Endlager-Kompromiss: Eine Frage des Vertrauens

Der Weg zum Endlager wird beschwerlich – weil kein Bundesland den Abfall bei sich haben will. Und weil sich alle vor der politischen Verantwortung fürchten.

Nach Monaten parteipolitischer Finten, Machtkämpfchen und Verzögerungen haben Bund und Länder, Regierung und Opposition es doch noch geschafft: Sie haben sich auf einen Neustart bei der Suche nach einem Atomendlager geeinigt. Kurz vor einer Bundestagswahl, nachdem zuvor zwei eigentlich eher minder wichtige Landtagswahlen dem ganz großen Parteienkonsens noch im Weg gestanden hatten. Das ist bemerkenswert in einer „Konkurrenzdemokratie“, wie das der Stuttgarter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ausdrückt.

Damit bietet sich die Chance, den letzten gesellschaftlichen Kampfplatz des Atomzeitalters – den umstrittenen Salzstock in Gorleben – zu verlassen. 15 Monate hat es gebraucht, um parteiübergreifend genügend Vertrauen für einen Konsens über ein Suchverfahren zu gewinnen. „Bevor man ein niedrigschwelliges Angebot machen kann, muss man erst einmal hochschwellig einen Konsens zustande bringen“, sagte einer der Beteiligten. Und weil das Vertrauen nicht über die Bundestagswahl hinaus reicht, muss nun noch der aktuelle Bundestag das Gesetz beschließen. Hätten sich die Verhandler nicht einigen können, dann hätte nach der Wahl keine Partei die politische Kraft aufgebracht, sich noch einmal an das Thema Endlager heranzuwagen.

Es wird ein hartes Stück Arbeit werden, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen, um darauf schließlich ein Endlager bauen zu können. Denn das Ergebnis der Verhandlungen ist ein mühsam errungener Konsens, kein ideales Gesetz. Allein der Zeitplan ist so illusorisch, dass man darüber lachen müsste, wenn es nicht um Atommüll ginge, der eine Million Jahre lang strahlt. Bis 2031 soll ein Endlager gefunden sein. Aber erst einmal soll zwei Jahre lang eine Kommission über die Kriterien verhandeln. Dann sollen Standorte ausgewählt und schließlich oberirdisch bzw. in ein bis zwei Fällen auch unterirdisch erkundet werden. Die (unterirdische) Erkundung in Gorleben läuft übrigens seit 1986.

Wie schwer der Weg zum Endlager werden wird, war bei der Verkündung der historischen Einigung sichtbar. Die Verhandler konnten sich noch nicht darauf einigen, wohin die Castor-Transporte aus den Wiederaufarbeitungsanlagen in Sellafield und La Hague 2015 führen sollen. Klar ist nur: nicht nach Gorleben. Trotz der Bereitschaft von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein, die Castoren zu übernehmen, gibt es noch Versuche, weitere Bundesländer in die Pflicht zu nehmen. Und kaum ein Politiker verzichtet aktuell darauf, möglicherweise geeignete geologische Formationen im jeweils eigenen Land als ungeeignet zu bezeichnen. Darüber hat sich der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), so geärgert, dass er eine historische Rechnung aufgemacht hat: Wenn zwei gleich gute Standorte gefunden würden, müssten noch andere historische Belastungen berücksichtigt werden, verlangte er – der kluge Ministerpräsident baut vor. So sehen das die meisten. Von der Bevölkerung ganz zu schweigen. Um ein Endlager zu finden und zu ertragen, werden wir alle politisch noch etwas erwachsener werden müssen – und auch verantwortungsvoller.

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