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Endloskonflikt: Nahost-Gespräche: Ernst ist es nur Amerika

Weder durch die arabischen Nationen noch durch Israels Öffentlichkeit geht angesichts der Nahost-Gespräche in Washington ein erwartungsfroher Ruck. Und so scheinen diesmal vor allem die Vereinigten Staaten die treibende Kraft zu sein.

Ein bisschen Politdrama, ein bisschen Hollywood-Glamour – aus der Rolle gefallen ist jedenfalls niemand bei der jüngsten Nahost-Vorstellung in Washington. Mahmud Abbas und Benjamin Netanjahu lasen sich zum Auftakt ihre Standpunkte noch einmal vor, eine lächelnde Hillary Clinton führte beide zum Händedruck für die Kameras zusammen und entließ sie dann mit gut gemeinten Mahnungen. Friedensgespräche mag man den jüngsten Auftritt schon gar nicht mehr nennen – das Wort hat sich in dem Endloskonflikt längst verschlissen. Weder durch die arabischen Nationen noch durch Israels Öffentlichkeit geht ein erwartungsfroher Ruck. Die meisten warten nur achselzuckend darauf, dass sich der altbekannte Karren erneut in dem immer tieferen Morast festfährt.

Denn nicht nur seit Benjamin Netanjahu, bereits seit dem Juni-Krieg von 1967 existieren in Israel starke politische Kräfte, die sich einer Rückgabe von Westbank und Ost-Jerusalem widersetzen. Sie waren bereit und sind es auch für die nächste Generation, einen kalkulierbaren Preis an Spannungen und chronischer Gewalt dafür zu zahlen. Der einzige Premier, Jitzhak Rabin, der dieses Paradigma aufzugeben bereit war, hat das mit seinem Leben bezahlt. Er wurde 1995 von einem rechtsextremen jüdischen Attentäter erschossen. Parteifreund Ehud Barak dagegen kam im Juli 2000 bereits mit zerrütteter Koalition in Camp David an und gilt inzwischen auf amerikanischer Seite in der kritisch-analytischen Rückschau als politischer Hochstapler, dem das Weiße Haus damals auf den Leim ging und heute nicht mehr glaubt.

Der gegenwärtige Akteur Netanjahu dagegen ist in den Annalen des Nahostkonflikts bereits als ein Mann verzeichnet, der vor gut zehn Jahren auf israelischer Seite den Oslo-Vertrag zerstörte und mit Har Homa auf annektiertem Gebiet den Siedlungsring um Ostjerusalem schloss. Heute hilft ihm zusätzlich die monströse Trennmauer, den gesellschaftlichen Aufwand für Israels territorialen Appetit und Siedlungsexpansion überschaubar zu halten. Diese Mauer erlaubt der israelischen Bevölkerung ein relativ ungestörtes Alltagsleben, auch wenn ihre Armee die Palästinenser weiter nach Gutdünken schikaniert. Israels Bewohner wünschen sich Frieden, das zeigen alle Umfragen. Aber das Land will den Preis für entsprechende Abkommen nicht mehr entrichten. Denn der Charme der Verträge mit Jordanien und Ägypten ist längst verblasst. Mit beiden Nachbarn besteht bestenfalls eine kalte Koexistenz, die sich noch nicht einmal mehr in der Handelsbilanz niederschlägt.

Der palästinensischen Seite fällt es schwer, Netanjahus Strategie der wortreichen Bewegungslosigkeit zu durchkreuzen. Denn Mahmud Abbas verhandelt nur mit halbem Mandat, die Gräben zur Hamas im Gazastreifen sind unüberwindbar geworden. Auch muss er als der schwächere der beiden ungleichen Partner auf Hilfe von außen setzen, die Weltmeinung für sich gewinnen und politisch-moralischen Druck erzeugen. Sein Gegenspieler Hamas dagegen setzt auf Zeit und auf Gewalt – und besitzt mit Raketen und Attentätern eine ständige Vetomacht über Kompromiss und Vernunft.

Und so scheinen diesmal vor allem die Vereinigten Staaten die treibende Kraft bei den Gesprächen zu sein. Die Zeiten politischer Blankoschecks an Tel Aviv sind vorbei, heißt es aus der Umgebung von Außenministerin Hillary Clinton. Präsident Barack Obama steht seit der Kairo-Rede mit seiner Kritik an jüdischen Siedlungen bei der arabischen Bevölkerung im Wort. Und hohe Militärs wie General Petraeus beklagen, die USA erzeugten in der arabischen Welt immer mehr anti-amerikanische Ressentiments, weil sie dort als zu einseitig Israel-freundlich wahrgenommen würden.

Angesichts von Irak, Iran und Afghanistan will die Supermacht Amerika ihr nationales Interesse im Nahen und Mittleren Osten neu definieren, weil sie vor Ort immer mehr an Einfluss und Ansehen verliert. Welche Konsequenzen das für das Verhältnis zu Israel hat, das werden die nächsten Monate zeigen.

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