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Erdbeben-Katastrophe: Hilfe für Haiti: Wenn alles fehlt

Das vom Erdbeben heimgesuchte Haiti braucht Hilfe. Viele fragen sich dennoch, ob ihre Spenden die Notleidenden erreichen werden. Die internationale Unterstützung ist alternativlos und kann Haiti positiven Schub geben - einen Staat können nur die Menschen selbst dort schaffen.

Hispaniola, Cité Soleil, Minustah – so schön klingende Worte. Doch dahinter verbirgt sich die Katastrophe: das vom Erdbeben heimgesuchte Haiti. Die Worte mit dem Anklang von Sehnsucht sind besonders wichtig für den Inselstaat. Hispaniola nannte Kolumbus einst den Flecken Erde, dessen Ostteil viele Pauschalurlauber kennen, die Dominikanische Republik gilt als das Mallorca der Karibik. Cité Soleil, die Sonnenstadt, ist der große Slum in Haitis Hauptstadt Port-au-Prince – dort im Armenhaus des Armenhauses hat das Beben vermutlich die schlimmsten Folgen gehabt. Minustah, so heißt die UN-Mission, einer der größten Blauhelmeinsätze. Ihn gibt es nur, weil das Land längst nahe dem Zerfall war, nach despotischen Herrschern mit ebenfalls klangvollen Namen wie Duvalier und Aristide. Für ihr Volk waren sie der Schrecken. Auch die fremden UN-Soldaten waren nicht unbedingt beliebt, doch sie sollten helfen. Selbst von ihnen sind jetzt viele tot oder verletzt. Haiti fehlt es an allem.

Wenn selbst die Helfer Hilfe brauchen, mag mancher fragen: Ist Hilfe überhaupt möglich? Gerät die Kriminalität völlig außer Kontrolle? Fällt das fragile Land ganz auseinander? Andere werden vielleicht die Vision haben, dass durch die ausländische Aufmerksamkeit und Unterstützung – der Westen spricht gern von Nachhaltigkeit, bei dem, was er tut – endlich wieder ein lebenswertes Land entsteht.

Hilfe ist möglich. Längst ist die internationale Maschinerie angelaufen. Ohne sie geht es nicht, bei allen Problemen, und die wird es wieder geben, von mangelnder Koordination über Unprofessionalität bis zu Scharlatanerie. Aus manchen Problemen bei früheren Einsätzen wie nach dem Genozid in Ruanda oder dem Tsunami haben die Großen durchaus das eine oder andere gelernt. Viele stimmen sich besser ab, bereden, wer Ärzte und Medikamente schickt, wer Zelte und Decken oder was immer sonst, damit nicht manches doppelt, anderes gar nicht kommt. Reibungslose Absprachen direkt nach einer Katastrophe allerdings sind deutschland- oder gar weltweit eine Illusion. Nicht zuletzt wegen jeweils eigener Interessen, auch von Ländern. Umso mehr lohnt es sich, genau hinzusehen.

Und: Hilfe, das sind nun einmal Spenden; Spenden bedeuten letzten Endes das Überleben auch der jeweiligen Organisation. Es gibt wieder viele Spendenaufrufe. Das ist legitim, die Organisationen haben verschiedene Ansätze. Über das Spendensiegel kann jeder eine Auswahl treffen, kann gucken, ob die Helfer bereits im Land waren und dort Partner haben. Andernfalls haben sie es schwer, wirklich schnell und effektiv zu helfen. Dann sitzt gerne mal ein Abgesandter mit zehntausenden Euro im Flieger und versucht, sich vor Ort bei anderen anzuhängen – weil er doch Spender zu Hause hat. Da stellt sich die Frage, ob das die richtige Strategie ist. Privates Sammeln von Arzneien oder Kleidung mag zwar dem eigenen Gewissen gut tun, ansonsten ist es Unsinn. Selbst in Haitis Nähe gibt es Hilfsgüter, die schneller ans Ziel gelangen.

Über den Schock nach einer Katastrophe und die Hilfe auch andere Konflikte zu lösen, das kann vorankommen, wie Banda Aceh nach dem Tsunami zeigt. In Sri Lanka aber ist das Gegenteil der Fall. Internationale Unterstützung kann einem Land positiven Schub geben, aber aus ihm einen Staat machen, das können nur die Menschen dort selbst. Vielleicht bringt auf Hispaniola das Hilfsangebot aus Santo Domingo etwas in Bewegung. Direkte Einflussnahme gerät allzu leicht zur Farce – in Haiti steht auch dafür der Name Aristide.

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