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Meinung: Erschlagen, einfach so

Brutale Jugendliche müssen früh Grenzen erfahren – notfalls hinter Gittern

V on Werner van Bebber Es ist ein trauriges Schauspiel: Ein kleiner Junge wird umgebracht – nun trauen sich auch linksliberale Politiker, schärfere Gesetze zu fordern. So war es, als in Hamburg ein spielender Junge von Kampfhunden getötet wurde. Da kamen plötzlich die Kampfhundverbote. So ist es jetzt in Berlin, nachdem ein polizeibekannter Intensivtäter ausgetickt ist und seinen in 16 Jahren angestauten Lebensfrust an einem Kind abreagiert hat. Berlins Innensenator Ehrhart Körting verlangt Gesetze, die es möglich machen, marodierende Schlägertypen wegzusperren.

Körtings Senatskollegin Karin Schubert hatte tags zuvor noch einen Richter in Schutz genommen, dem die Freiheit des späteren Totschlägers bewahrenswerter erschien als der Schutz der Allgemeinheit. Dabei ist ihr der Satz herausgerutscht, hinterher sei man immer klüger. Das klingt dürftig.

Worum es wirklich geht, zeigt Körtings Äußerung: Aus einem Sinneswandel muss Politik werden. Körting sieht, dass es eine kleine, aber gefährliche Zahl von verrohten Jugendlichen gibt – die meisten sind Jungen –, die mit 14 oder 15 nicht mehr gesellschaftsfähig sind. Gewiss kann man bei der Jahresversammlung deutscher Sozialpädagogen die schwindenden Möglichkeiten der Gesellschaft beklagen, solchen Jungs „etwas zu bieten“. Tatsächlich stellt jeder Intensivtäter wortlos die Frage, warum gerade er ein Verlierer ist: ungebildet, chancenlos und derart von Frust erfüllt, dass ihm der menschlichste Reflex, die Achtung vor Kindern, abhanden gekommen ist.

Die Antwort auf diese Frage ist nicht leicht zu geben. Wer aber „die Gesellschaft“ verpflichtet, macht es sich zu einfach. Nicht bloß, weil „die Gesellschaft“ jahrzehntelang versucht hat, die Probleme der schwierigen – mildherzig gesagt: der allein gelassenen – jungen Gewalttäter wegzupädagogisieren. Jugendgewalt hat es stets gegeben – sie wird seit Jahren aber immer härter und brutaler.

Mag sein, dass einige der 300 bekannten Berliner Intensivtäter etwas weniger intensiv tätig geworden wären, wenn sie in einem schönen Jugendclub betreut worden wären. Aber für die Intensität krimineller Karrieren bei jungen Männern dürften andere Faktoren wichtiger sein: Dauerkifferei, eine Wertorientierung am Brutal-Fernsehen und das Fehlen einer elementaren Erfahrung – der Erfahrung von Gegenwehr, von feststehenden Grenzen, von Regeln, die für alle gelten.

Es sind, wie üblich, Polizei und Justiz, die den jungen Gewaltfetischisten Grenzen setzen. Sie brauchen entsprechende Möglichkeiten. Die Diskussion bewegt sich seit Jahren um zwei Themen. Das eine sind geschlossene Heime. Hier können Kinder untergebracht werden, damit sie ihr Verhalten ändern, bevor sie zu Totschlägern werden. Das problematischere Thema ist das Sorge- und das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Wenn aber Bezugspersonen versagt haben, muss der Staat einspringen.

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