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Meinung: Es grünt so rot

Ökologisch haben die Grünen gegen die SPD noch nicht viel durchsetzen können

Von Dagmar Dehmer

Sie haben die Wahl gewonnen. Aber bei den Koalitionsverhandlungen fällt die ökologische Handschrift bisher kaum auf. Die bisherigen Erfolge der Grünen sind mager: Die Elbe wird nun endgültig nicht mehr ausgebaut, auch die Staustufe an der Saale will sich die neue Regierung ersparen, und beim Donauausbau will der Bund Bayern zumindest ärgern und keine Bundesmittel mehr dafür bereitstellen. Nach der Hochwasserkatastrophe des Sommers hätten die Koalitionäre auch kaum zu einem anderen Ergebnis kommen können.

Das Dosenpfand kommt – zum 1. Januar 2003. Nur, ob sich das Bundesverwaltungsgericht auch daran halten wird, ist noch nicht absehbar. Und dann gibt es noch den Beschluss, dass sich Deutschland auf ein weitgehendes, mittelfristiges Klimaschutzziel einigt: Bis 2020 sollen 40 Prozent Kohlendioxid im Vergleich zu 1990 eingespart werden – allerdings nur, wenn die Europäische Union im gleichen Zeitraum 30 Prozent einspart. Das ist alles.

Die SPD verweigert jede Debatte über einen Abbau der Kohlesubventionen. Den Vorschlag ihres Finanzministers, die Entfernungspauschale abzuschaffen, haben die Sozialdemokraten am nächsten Tag schon wieder eingesammelt. Dieses Schicksal könnte auch Eichels Vorschlag, die Eigenheimzulage zumindest an das Vorhandensein von Kindern zu knüpfen, beschieden sein – drei umweltschädliche Subventionen, durch deren Abbau eine ökologische Modernisierung womöglich zu finanzieren wäre.

Doch damit nicht genug. Kurz nach der Wahl ist den Grünen auch noch ein Kanzler-Ehrenwort auf die Füße gefallen. Gerhard Schröder hat offenbar dem Betreiber des Atomkraftwerks Obrigheim zugesagt, dass es noch lange nicht stillgelegt werden muss, jedenfalls nicht zum Jahresende, wie das im Atomkonsens eigentlich vereinbart worden ist. EnBW-Chef Gerhard Goll ist es ein Herzensanliegen, Obrigheim am Netz zu halten. Um diesen, von den Grünen gerne Schrottreaktor genannten, Meiler führt Goll seit Jahren einen Privatkrieg mit der Ökopartei. Doch nun ist die Schmerzgrenze der Grünen offenbar überschritten.

Am Samstag wollen die Koalitionäre darüber beraten. Nur, mit welchem Ziel? Da der Antrag auf eine Übertragung von Strommengen vom jüngsten deutschen Akw in Neckarwestheim auf das älteste in Obrigheim rechtlich geprüft werden muss, liegt es gar nicht in ihrer Macht, ihn abzulehnen. Solche Feinheiten sind der grünen Basis jedoch inzwischen herzlich egal. Viele überlegen sich, ob sie dem Koalitionsvertrag wirklich zustimmen wollen. An schwacher grüner Basisbegeisterung kann aber auch die SPD kein Interesse haben. Die Lösung könnte darin bestehen, dass der Kanzler veränderte Umstände geltend macht: den 11. September, aber auch die Unzuverlässigkeit des Betreibers, der seit einem Jahr vor allem mit kleineren und größeren Atomskandalen von sich Reden macht. Es gäbe also Wege aus dieser Falle. Die spannende Frage ist: Will der Kanzler überhaupt da raus?

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