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Euro-Hawk-Ausschuss: Thomas de Maizière, ein Minister ohne Geschäftsbereich

Das Euro-Hawk-Projekt wurde nicht zu spät, sondern zu früh gestoppt, meint Michael Schmidt. Denn wenn Deutschland jetzt beim Drohnen-Bau wieder bei Null anfängt, kann das Jahre dauern und noch viel mehr Geld kosten.

Von Michael Schmidt

Das war es. Thomas de Maizière hat seinen Kopf aus der Schlinge gezogen. Die Drohnenaffäre hat ihn nicht das Amt gekostet. Bisher. Auch mit den Mitteln eines Untersuchungsausschusses ist es der Opposition nicht gelungen, den Knappen der Kanzlerin zum Eingeständnis einer Lüge zu zwingen. Maizière ist und bleibt Verteidigungsminister. Vorerst. Im Bendlerblock gehen die Geschäfte wieder ihren gewohnten Gang. Alles gut also? Mitnichten.

Die vergangenen drei Monate haben offenbart, was der an Verteidigungspolitik und Bundeswehr freundlich desinteressierte Wahlbürger so genau gar nicht wissen wollte. Aber doch vielleicht sollte. Thomas de Maizière, so hat sich gezeigt, ist nicht der solide Regierungshandwerker, dessen preußisch-hugenottisches Dienst- und Pflichtethos sich so wohltuend vom Glamour-Auftritt seines adligen Vorgängers abhebt. Vielmehr muss er fortan als Minister sorg- und arglos – wenn nicht gar ahnungslos – gelten. Entweder wusste er nicht, was in seinem Haus vor sich geht. Oder er wusste es, worauf vieles hinweist, hat aber trotzdem den Dingen ihren Lauf gelassen. In jedem Fall bleibt der Eindruck, er habe seinen Laden nicht im Griff und sich für das vermeintliche Prestigeprojekt Euro Hawk, ein rüstungspolitisches Vorhaben höchsten Ranges, milliardenschwer und problembehaftet, nicht wirklich interessiert.

De Maizières Ruf ist dahin

Den Schaden davon haben alle: de Maizière selbst, die Union und ihre Kanzlerin, das Ministerium, der Steuerzahler – und die Soldaten der Bundeswehr. De Maizières Ruf ist dahin. Seriös? Verantwortung wälzt er ab, an Untergebene und Vorgänger. Das mag man für das übliche Vorgehen halten – ein menschlich feiner Zug ist es nicht. Uneitel? Zuletzt hörte man viel IchIchIch aus dem Ministermund: Er wolle endlich einmal ernten, was er gesät habe. Union und Kanzlerin gehen die ministrablen Leute aus. Ein Grund, warum Merkel so eisern an ihm festhält. Das Ministerium erweist sich einmal mehr als unführbar. Die Indiskretionen der vergangenen Wochen, die dem Minister das Leben im Kampf um seine Glaubwürdigkeit nicht leichter gemacht haben, zeigen es: Der Bendlerblock ist ein Haus, das nur wenige Dienstherren unbeschadet verlassen. Und zahlen, draufzahlen, tut der Steuerzahler. Für das, was war. Wie für das, was noch ansteht. Das alles wird ausgetragen auf dem Rücken der Soldaten, für deren Schutz die Drohne gedacht war, die nun nicht kommt.

Die Drohnen sollen kommen

Oder doch? Sie soll ja kommen. Diese. Oder eine andere. Denn dass die Bundeswehr im weltweiten Einsatz eine Aufklärungsdrohne braucht, um im Falle eines Falles unter Beschuss geratenen Soldaten schnell helfen zu können, ist Konsens. Parteiübergreifend. Ganz anders als im Fall der höchst umstrittenen, von de Maizière aber mit Nachdruck forcierten Anschaffung bewaffneter Kampfdrohnen, die 2016 einsatzfähig sein sollen.

Wurde das Euro-Hawk-Projekt also nicht zu spät, sondern von einem nicht nur eigenmächtig, sondern auch überstürzt handelnden Staatssekretär zu früh gestoppt? Wenn Deutschland, wenn Europa jetzt bei null anfängt, Drohnen zu entwickeln und zu bauen, dann kann das Jahre dauern, sehr viel Geld kosten, und am Ende wird, wenn es läuft, wie alle großen Rüstungsprojekte hierzulande laufen, eine abgespeckte Variante dessen dabei herauskommen, was man mit dem Euro Hawk hätte haben können.

Bis es soweit ist, wird, das lässt sich ohne hellseherische Fähigkeiten vorhersagen, der Verteidigungsminister allerdings nicht mehr de Maizière heißen.

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