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Euro-Krise: Wenn alles nichts ist

Der US-Finanzminister besucht Wolfgang Schäuble auf Sylt. Amerika erhöht den Druck auf Deutschland, in der Euro-Krise alles Notwendige zu tun. Dabei hat Timothy Geithner den Kampf schon längst gewonnen.

Dass es um viel geht, lässt sich am Reiseplan des US-Finanzministers ablesen. Timothy Geithner überquert nicht nur den Atlantik, um sich beim Euro einzumischen, sondern er lässt sich sogar übers Wattenmeer bringen, um seinen deutschen Amtskollegen auf Sylt aufzusuchen. Ein Anruf reicht nicht, so wichtig ist ihm das. Wolfgang Schäuble wollte in den Ferien Handbike fahren und viel lesen, doch mit dem Besuch aus Amerika hat ihn die Euro-Krise schon kurz nach Ankunft wieder eingeholt. Ob im Ministerium in Berlin oder im „Sansibar“ auf Sylt – es gibt kein Entkommen.

Dabei sind Geithners Motive leicht zu durchschauen. Er behauptet, die Probleme der US-Wirtschaft hätten europäische Wurzeln, und deswegen müsse Europa alles tun, um die Krise zu beenden. Unmittelbar vor der Präsidentschaftswahl will die US-Regierung sich nicht eingestehen, dass die hohe Arbeitslosigkeit und die enorme Staatsverschuldung ihres eigenen Landes kaum etwas mit dem Euro zu tun haben.

Doch der Druck kommt nicht nur aus Übersee, auch in Deutschland läuft offenbar schon Wahlkampf, obwohl die nächste Bundestagswahl eigentlich erst in mehr als einem Jahr ansteht. CSU und FDP sind Wolfgang Schäuble und Angela Merkel von der Fahne gegangen, in der wichtigsten politischen Frage gibt es die Koalition nicht mehr. Nur vordergründig geht es um den Ankauf von Anleihen überschuldeter Staaten. Denn das ist ja schon entschieden: Mit dem Wort der EZB, es werde „alles Notwendige“ getan, wiederholt von der Kanzlerin und dem französischen Präsidenten François Hollande, gibt es kein Zurück mehr. Die Finanzmärkte belohnen die Ansage mit steigenden Kursen und sinkenden Anleihezinsen – Geithner hat längst gewonnen.

„Die Welt redet darüber, ob es die Euro-Zone in einigen Monaten noch gibt“, sagt Jean-Claude Juncker, Chef der Euro-Gruppe, und macht so die Dimension der Aufgabe deutlich. Denn wenn „alles Notwendige“ nur eine taktische Übertreibung war, über die selbst am Kabinettstisch in Berlin keine Einigkeit herrscht, dann ist alles nichts. „Alles Notwendige“ ist wirklich viel – vielleicht zu viel für diese Koalition.

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