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Euro-Krise: Es ist an den Deutschen.

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Europa, der Euro und die FDP: Deutschland entscheidet über die Zukunft des Kontinents

Ob die Europäische Union und der Euro überleben, hängt maßgeblich, wahrscheinlich sogar überwiegend an den Deutschen. Und gerade weil es um etwas wirklich Großes geht, ist das Verhalten der FDP so niederträchtig.

Es gibt wenige Momente in der Nachkriegszeit, in denen die Haltung der Deutschen den Lauf der Weltgeschichte beeinflusst, gar bestimmt hat. Die Nachrüstung gehört dazu, der Vertrag von Maastricht, die deutsche Einheit. Das größte Gewicht in dieser Reihe hat jedoch die aktuelle Frage, wie die Europäsche Union ihre gewachsene politische und ökonomische Krise überwindet. Selbst der US-Präsident sieht die Deutschen in der historischen Pflicht, dieses politische Gefüge zum Erfolg zu führen. Zwar leiten ihn wohl vor allem innenpolitische Motive – er will von der Überschuldung seines Landes und der Handlungsunfähigkeit seiner Regierung ablenken und für die neue Weltfinanzkrise die Europäer verantwortlich machen. Aber er hat trotzdem recht.

Ob die Europäische Union und der Euro überleben, hängt maßgeblich, wahrscheinlich sogar überwiegend an den Deutschen. Wie groß Gestaltungskraft und Mut Angela Merkels sind, entscheidet über die Zukunft des Kontinents. Die Dimension ist groß: Die EU verfügt über mehr Wirtschaftskraft und zählt mehr Bürger als die USA, die größte Volkswirtschaft der Welt. Deutschland allein wird im Spannungsverhältnis zwischen Asien und Amerika keine entscheidende Rolle spielen können. Aber ein starkes, einiges Europa kann es mit China und den USA und mit Indien, Brasilien und den anderen aufstrebenden Nationen aufnehmen.

Weil es um etwas wirklich Großes geht, ist das Verhalten der FDP so niederträchtig. Die Zukunft des Kontinents an das Ergebnis einer Wahl zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung zu knüpfen, entspringt einem Repertoire, das die FDP eigentlich überwunden hatte. Philipp Rösler geriert sich als Volkstribun und imitiert damit seinen Vorgänger. Aber es ist nicht der Guido Westerwelle aus dem Auswärtigen Amt, sondern der mit den 18-Prozent-Schuhsohlen, der aus dem Big-Brother-Container, der sich da in der Gestalt des Bundeswirtschaftsministers präsentiert. Ausgerechnet dem Inhaber dieses Amts scheint jedes Verständnis für die Prozesse der Globalisierung zu fehlen – es ist grotesk.

Philipp Rösler hat den Eindruck zugelassen, sogar ermutigt, die Euro-Zone könne Griechenland einfach fallen lassen wie eine heiße Kartoffel. Ein geordnetes Insolvenzverfahren gibt es ja gerade nicht, und vielleicht ist das ein wesentlicher Teil des Problems. Aber über diese gar nicht bestehende Option zu schwadronieren, verschärft die Probleme. Wer eine geordnete Insolvenz als Möglichkeit durchsetzen will, muss Mehrheiten für eine Änderung der europäischen Verträge organisieren und nicht mit Zitathäppchen die Stimmung anheizen.

Man wird ja wohl seine Meinung sagen dürfen: Mit diesen Worten werden häufig völlig unhaltbare Positionen eingeleitet, so auch hier. Wahr ist allerdings, dass die Debatte über die europäische Zukunft geführt werden muss. Lange Jahre haben die Deutschen das eiserne Bekenntnis ihrer Regierungen zu Europa still mitgetragen. Man spöttelte über die Brüsseler Bürokratie, die Bananen vermaß, aber man stellte sie nicht im Grundsatz infrage. Weil die Rehabilitierung der Deutschen nach dem Nationalsozialismus nur über die EU (und die Nato) funktionieren konnte, kam nie eine echte Debatte auf. Um die genaue Ausgestaltung der Hilfsmechanismen, um das richtige Verhältnis von Solidarität und Solidität muss jetzt gestritten werden. Aber jede Abkehr von der gemeinsamen europäischen Perspektive würde Generationen von Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes schaden.

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