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Bundeskanzlerin Merkel - bislang bestimmte sie den Kurs in Europa. Wie lange bleibt das noch so?

© dapd

Europäische Richtungswahlen: Merkels Sparkurs ist gefährdet

In Frankreich, Griechenland, Spanien und den Niederlanden wird gewählt. So unterschiedlich die Wahlen auch sind - alle haben eines gemeinsam: Merkels europäischer Sparkurs steht auf der Kippe.

Mit der Ruhe ist es vorbei. Auch in Spanien erweisen sich selbst magere Wachstumsvorhersagen, da zugleich der Haushalt gekürzt wird, als zu optimistisch. Madrids Kreditwürdigkeit ist beschädigt – mit der Folge, dass sich das Land wohl nur zu höheren Kosten finanzieren kann. Und in den Niederlanden ist zwar doch noch ein Sparpaket vereinbart worden, mit dem die EU-Vorgaben erfüllt werden. Aber die Debatte darüber, ob der harte Sparkurs wirklich das ist, was das Land und Europa braucht, tobt längst auch dort. Bald werden die Nachbarn bei vorgezogenen Neuwahlen darüber abstimmen.

Der erste Wahlgang in Frankreich in Bildern

Das demokratische Restrisiko, mit dem der Kurs behaftet ist, den Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Kassenwart Wolfgang Schäuble in der Euro-Krise vorgegeben haben, kann sich schon früher bemerkbar machen. Sollten am Sonntag in acht Tagen in Frankreich der Sozialist François Hollande und in Griechenland politische Kräfte das Rennen machen, die sich gegen das Spardiktat der Geldgeber aussprechen, sind ihre Planungen obsolet. Dann werden die Karten in der Euro-Krise neu gemischt – was einer der Hauptgründe dafür ist, dass es an den Börsen erneut hoch und runter geht.

Tatsächlich stehen bei diesen europäischen Richtungswahlen wieder Fragen zur Beantwortung an, die unseren Kontinent auf absehbare Zeit prägen werden: Wählt Athen doch noch den Austritt aus der Euro-Zone? Wird ein neuer starker Mann im Elyséepalast auf schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen bestehen und damit Merkels Antwort auf die Krise, den Fiskalpakt, ins Leere laufen lassen? Und wird das die spanische Regierung ermutigen, vom strikten Konsolidierungskurs zu lassen?

Es ist kein Wunder, dass die rigorose Etatdisziplin immer deutlicher hinterfragt wird. Ihre Resultate lassen schlicht zu wünschen übrig. Die Euro-Zone ist dadurch in eine milde, manch eines ihrer Mitglieder in eine tiefe Rezession gerutscht. Und in einem Punkt hat Hollande in jedem Fall recht: Europas amtierende Staatenlenker können noch so oft behaupten, sie kümmerten sich längst ums Wachstum – das Engagement dafür ist nicht halb so leidenschaftlich und konkret, wie das beim Sparen der Fall ist. Die richtige Mischung hat Europa bislang nicht gefunden. Investitionen sind nötig – in Infrastrukturen und Ideen. Stattdessen scheint die EU-Politik eine Art Schockstarre befallen zu haben.

Dass es Handlungsbedarf gibt, hat auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erkannt. Er beklagt die mangelnde Kompromissbereitschaft bei den vielen kleinen laufenden Reformprojekten und lädt zu einem Wachstums-Abendessen nach Brüssel ein. Offenbar ist zumindest das Bewusstsein dafür wieder zurück, dass es mehr bedarf als eines Knopfdrucks in der Frankfurter EZB-Zentrale, um die Krise hinter sich zu lassen.

Auch Angela Merkel sollte ihre viermonatige Auszeit von der Brüsseler Bühne bis zum nächsten Gipfel Ende Juni nicht voll ausschöpfen, weil die EU jetzt Resultate produzieren muss. Die Märkte und die Menschen warten darauf.

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