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Die Europäische Zentralbank in Frankfurt.

© Reuters

Europäische Union: Die Euro-Krise ist noch nicht vorüber

Die Bankenunion beschlossen, Griechenland erneut gerettet. Diese positiven Nachrichten aus der Euro-Zone haben dazu beigetragen, dass die Gemeinschaftswährung zuletzt in ruhigeres Fahrwasser gekommen ist. Doch die Ruhe ist trügerisch

Griechenland ist wieder einmal gerettet, und es gibt Fortschritte auf dem Weg zu einer europaweiten Überwachung der Banken – das sind die zwei jüngsten Erfolgsmeldungen, mit denen sich Europas Spitzenpolitiker in die Weihnachtspause verabschieden. Langsam dürfte das Ende dieser gefühlten Endlos-Krise in Sicht kommen, könnte man meinen. Doch für eine Entwarnung ist es viel zu früh. Denn die Euro-Retter laufen Gefahr, die politischen Chancen, die sich gerade durch die Krise im gemeinsamen Währungsraum auftun, zu verspielen.

Dabei ist die Euro-Zone am Ende dieses Jahres in einem gar nicht so üblen Zustand. Wer noch vor einigen Monaten gewettet hätte, dass sich die EU-Staaten so schnell auf eine gemeinsame Aufsicht über ihre Finanzinstitute einigen, wäre wohl ausgelacht worden. Und doch haben es die EU-Finanzminister geschafft, den Grundstein für eine europaweite Überwachung der Risiken zu legen, die von schlecht geführten Geldhäusern ausgehen können. Auch die Entwicklung des Dauerpatienten Griechenland gibt zumindest zur Hoffnung Anlass: Die Gefahr, dass ein Austritt Athens aus der Euro-Zone die Gemeinschaftswährung in den Abgrund reißen könnte, ist im zurückliegenden Jahr wohl endgültig gebannt worden – nicht zuletzt dank der Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), einen „Grexit“ nicht zuzulassen.

Diese positiven Nachrichten aus der Euro-Zone haben dazu beigetragen, dass die Gemeinschaftswährung zuletzt in ruhigeres Fahrwasser gekommen ist. Die Märkte haben sich wieder entspannt, Spanien und Italien stehen anders als noch im vergangenen Sommer nicht mehr unmittelbar vor dem Abgrund. Als wichtigster Euro-Retter entpuppte sich im zurückliegenden Jahr indes Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank. Seine Ankündigung, notfalls unbegrenzt Anleihen von Krisenstaaten aufzukaufen, hat allen endgültig das Wasser abgegraben, die gegen den Euro spekulieren.

Aber die Ruhe ist trügerisch. Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich von der Beruhigung an den Finanzmärkten einlullen lassen. Auf ihrem Gipfeltreffen haben sie sich damit zufrieden gegeben, unverbindlich über die weiteren Reformschritte in der Euro-Zone zu plaudern, statt deren Umbau zu einer politischen Union entschlossen voranzutreiben. Dabei hat doch die Euro-Krise die Schwächen des gegenwärtigen europäischen Konstrukts, dessen Bauplan noch aus der Zeit Helmut Kohls stammt, schonungslos offengelegt: In der Gemeinschaftswährung sind Länder mit völlig unterschiedlicher Wettbewerbsfähigkeit wirtschaftlich zusammengespannt – während eine politische Gesamtsteuerung bis heute fehlt. Der nächste große Reformschritt wird, wenn er denn überhaupt kommt, wohl erst nach der nächsten Europawahl 2014 stattfinden.

In der Zwischenzeit wird das Publikum, das der Euro-Krise zunehmend müde wird, die Protagonisten weiter so erleben, wie es sie schon kennt: tastend und zögernd. Das muss nicht immer zum Nachteil sein. Zu Recht sperrt sich die Kanzlerin dagegen, dass die Krisenstaaten der Euro-Zone zunächst nach neuen Fleischtöpfen rufen, bevor sie sich in der Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik disziplinieren lassen. Doch dass diese Strategie aufgeht, ist keineswegs ausgemacht. Auch im kommenden Jahr dürfte sich die Rezession in vielen Ländern Südeuropas fortsetzen – und sollte die EU dann doch Spanien oder Italien verstärkt unter die Arme greifen müssen, wird sich Angela Merkel nicht verweigern können.

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