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Familienkrach bei Rot-Rot in Berlin: Wowereits Gewinn

Wie harmonisch Rot-Rot in Berlin regiert, ist an der kleinen Störung zu sehen, die gerade inszeniert wurde - und die beiden Parteien nutzt.

Die SPD wollte im Bundesrat für die Erbschaftsteuerreform stimmen, die Linke dagegen. Der Koalitionsvertrag sieht für solche Fälle Stimmenthaltung vor, aber Klaus Wowereit stellte das Wohl der Stadt darüber: Weil Berlin ohne die Reform auf 240 Millionen Euro im Jahr hätte verzichten müssen, ließ er seine Justizministerin in der Länderkammer zum großen Ärger der Linkspartei zustimmen.

Aber stimmt das wirklich so? Nicht ganz. Wowereit setzte sich wohl diesmal auch deshalb so locker über die Linke hinweg, weil er bei einer früheren strittigen Bundesratsfrage, der Zustimmung zum EU-Vertrag, klein beigegeben und dafür ordentlich politische Prügel bezogen hatte. Wenn er also weiter an der Idee möglicher rot-roter Bündnisse irgendwann einmal auch im Bund festhalten will, darf er in übergeordneten Dingen nicht wie eine Geisel Gysis erscheinen.

Die Linke wiederum, genauer gesagt die Berliner Linke, bekam pünktlich zu ihrem Parteitag auf diese Weise einen Pudding serviert, auf den sie voller Freude hauen konnte. Denn in der Bundespartei stehen die Berliner Genossen wegen der pragmatischen Politik des Senats unter Liberalismusverdacht. Da kam die Gelegenheit, der SPD und den skeptischen Parteifreuden einen eigenen Willen zu demonstrieren, gerade recht.

So ist der vermeintliche Krach tatsächlich eine Win-Win-Situation. Denn um die Koalition, die beide Seiten fortführen wollen, ernsthaft zu gefährden, ist das Thema zu klein. Zu klein ist dazu ebenso die Bedeutung der Opposition in der Stadt. Auch das nämlich zeigt das zwar richtige, aber vertragswidrige Verhalten des Regierenden Bürgermeisters: Er kann es sich leisten, dem politischen Gegner einen solchen Pass aufzulegen. Wowereit weiß, es ist niemand da, der die Vorlage verwandeln könnte.

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